| # taz.de -- Noise bis zum Schluss | |
| > Bob Rutman war ein Pionier der Multimedia-Performance. Jetzt ist der | |
| > Klangkünstler im Alter von 90 Jahren gestorben | |
| Bild: Bob Rutman vor seinem Stahl-Cello | |
| Von Robert Mießner | |
| Ein langsames Boot nach China, das wäre es jetzt. So sang Robert „Bob“ | |
| Rutman auf dem Album „Buzz Off“ 2016 seine Liebste an, und dieser Shanty | |
| war seit Jahren fester Bestandteil von Rutmans Konzerten. Auf ihnen ließ | |
| sich erleben, wie der Künstler mit dem Bogen ein wuchtiges stählernes | |
| Instrument strich, das selbst wie das Segel einer Barke wirkte und dabei | |
| schon einmal bedenklich ins Schwanken geriet. | |
| Aber was da alles zu hören war! Rutman wusste auf sperrigen Klangskulpturen | |
| ein metallisches Brummen zu erzeugen, aus dem sich unerwartet hellere Töne | |
| schälten, er konnte sie aber auch als dunkel ahnungsvolles Nebelhorn | |
| klingen lassen. Die Karte der Orte, an denen das zu hören war, liest sich | |
| wie eine Berliner Musikgeografie: Bob Rutman trat im Berghain vor den | |
| Noiserockern Swans auf, wie er mit dem Impro-Musiker Zam Johnson und Meret | |
| Becker an der singenden Säge die Prenzlauer-Berg-Institution Watt | |
| bespielte. Rutman war halt Berliner. | |
| Geboren wurde er im Jahr 1931 als Kind einer jüdischen Mutter. Eine Woche | |
| vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam er nach einer europäischen Odyssee | |
| in England an. Die Schweiz, Polen, Litauen, Finnland und Schweden waren bis | |
| dahin die Exilstationen der Rutmans gewesen. 13 Jahre sollte Bob Rutman in | |
| England bleiben, bis er ein Schiff in die USA bestieg. Nach dem | |
| Militärdienst, der ihn zurück nach Deutschland brachte, studierte Rutman in | |
| New York City und Mexiko-Stadt Kunst. | |
| Eine Multimedia-Galerie in Maine wurde kein finanzieller Erfolg, doch es | |
| war dort im östlichsten Bundestaat der USA, wo Rutman 1968 mit dem | |
| Instrumentenbau begann. Den Anfang machte das Steel Cello, hinzu kamen | |
| weitere an Streich- und Schlaginstrumente angelehnte Konstruktionen wie Bow | |
| Chime oder Buzz Chime. 1975 dann gründete er in Massachusetts das U.S. | |
| Steel Cello Ensemble, mit dem er drei Alben aufnahm. „Noise In The | |
| Library“, das letzte dieser Formation, ist 2018 wiederveröffentlicht | |
| worden. | |
| In seine Geburtsstadt kehrte Bob Rutman kurz vor dem Mauerfall zurück. In | |
| das „Homeland, the „Vaterland“, wie Rutman auf „Buzz Off“ sagt. Und | |
| nachsetzt: „I find Berlin a wonderful Stadt.“ 1991 erschien mit „Live At | |
| The Waterworks“ das Album eines neuen Steel Cello Ensembles, das unter | |
| anderem im Kunsthaus Tacheles auftrat. Mit dabei war Rudolf Moser, später | |
| [1][Schlagzeuger der Einstürzenden Neubauten,] auf „Zuuhh!! Muttie Mum!!“, | |
| einer CD des Berliner Steel Cello Ensembles von 1998, ist der Impromusiker | |
| Matthias Bauer mit von der Partie. | |
| Rutman war ein Zusammenarbeiter, so mit dem Tänzer Merce Cunningham oder | |
| dem Regisseur Robert Wilson. „Buzz Off“ war eine Geburtstagsgabe für den | |
| Schriftsteller Bert Papenfuß. 2011 brachte noch einmal das Album eines | |
| Steel Cello Ensembles, eines Quartetts um Rutman, Hans Joachim Irmler von | |
| den Krautrockern Faust, Mike Hentz von der Performanceband Minus Delta t | |
| und Drummer Kersten Ginsberg. Rutmans Sound hat etwas von Industrial, ohne | |
| dabei technizistisch zu klingen. | |
| Bob Rutman war Musiker und bildender Künstler, und er war Spaziergänger. | |
| Sein Weltenstück war Berlin-Mitte, die Gegend zwischen Rosa-Luxemburg-Platz | |
| und Rosenthaler Platz ein Garant, ihn zu treffen. Was er auf seinen | |
| Promenaden wohl gehört hat? Bob Rutman, der sehr wache Augen hatte, ist am | |
| 1. Juni eingeschlafen. | |
| 3 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Robert Mießner | |
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