# taz.de -- Nö zu Gewalt, Ja zu links | |
> Das Konzept der Sozialbehörde gegen linke Militanz setzt vor allem auf | |
> Forschung und Gespräche. Der linken Opposition fehlt das Eingeständnis | |
> eigener Fehler bei G20 | |
Bild: Hier noch nicht auf Augenhöhe, aber immerhin im Gespräch: die Staatsgew… | |
Von Lotta Drügemöller | |
Ein Timing mit mehr Rückenwind hätte es kaum geben können: Wenige Tage nach | |
dem [1][Anschlag auf Innensenator Andy Grote] (SPD) beschließt der Senat | |
sein Konzeptpapier gegen linke Militanz. Der eigentliche Anlass liegt | |
länger zurück: mit Bezug auf die Unruhen während der G20-Proteste hatte die | |
Bürgerschaft den Senat aufgefordert, die Extremismusprävention zu stärken. | |
Das neue Konzept zielt auf zwei Gruppen: gewaltbereite linke Gruppierungen, | |
sowie junge Erwachsene, die sich eher aus Abenteuerlust denn aus | |
politischer Motivation an Unruhen beteiligen. Vor allem über | |
Demokratieförderung und eine Debatte über Gewalt will man sie erreichen. | |
Frühere Konzepte wurden vielfach kritisiert: Es lasse sich kein Bedarf für | |
ein eigenes Programm zu Prävention von Linksextremismus feststellen, | |
[2][urteilte etwa das Deutsche Jugendinstitut] 2013 über ein Programm des | |
Bundes. Und über das dazugehörige Aussteigertelefon ergoss sich viel Spott, | |
als 2018 herauskam, dass bis dahin kein einziger Linksradikaler darüber den | |
Ausstieg gefunden hatte. | |
In Hamburg weiß man um die Vorgeschichte. Der Bedarf für Präventionsarbeit | |
gegen linke Militanz werde in der Öffentlichkeit „in Frage gestellt“, hei�… | |
es im Konzept. Es stützt sich daher nicht auf den Begriff des | |
Linksradikalismus, sondern den der linken Militanz. Der Hamburger | |
Verfassungsschutz zählte 2018 9.000 „gewaltorientierte Linksextremisten“ | |
und 81 „linksextremistische Gewaltdelikte“. | |
Typische Handlungsfelder wie Antifaschismus, Antigentrifizierung oder | |
Antikapitalismus würden „auch von breiteren Teilen der Gesellschaft | |
geteilt“. Nicht die Systemkritik per se, sondern die Gewaltbereitschaft | |
werde deshalb in den Blick genommen. Für die Hamburger CDU ein Zeichen der | |
Unentschiedenheit: „Im Konzept wird seitenlang bestimmt, wer alles nicht | |
gemeint ist. Rot-Grün hat Angst, klare Stellung gegen Linksradikale zu | |
beziehen“, so der innenpolitische Sprecher Dennis Gladiator. | |
Die Autor*innen des Konzeptes machen keinen Hehl daraus, dass es bisher | |
keinen Masterplan zur Prävention linker Militanz gibt. Maßnahmen gegen | |
Rechtsradikalismus könnten nur sehr eingeschränkt übernommen werden. Daher | |
soll eine neue Forschungseinrichtung zur gesellschaftlichen Konflikt- und | |
Gewaltentstehung an der Hamburger Akademie der Polizei geschaffen werden. | |
Abgesehen davon bleiben die Instrumente zur Bekämpfung linker Militanz | |
vorerst recht unkonkret: Lehrer*innen sollen Fortbildungen besuchen, um bei | |
ihren Schüler*innen das Konflikt- und Toleranzverständnis zu fördern; | |
Jugendliche sollen zu Demokratie und politischer Teilhabe informiert | |
werden; und über allgemeine Gewaltprävention auch jene jungen Menschen | |
erreicht werden, die Gewalt eher unpolitisch und „erlebnisorientiert“ | |
anwenden. Vor allem soll geredet werden, über G20 etwa. | |
Fest steht, dass nicht nur die Linksmilitanten selbst angesprochen werden. | |
Denn als ein Problem identifiziert die Sozialbehörde den Rückhalt in der | |
Bevölkerung. Die Landeszentrale für politische Bildung soll deshalb | |
entsprechende Diskussions- und Vortragsreihen starten. | |
Die außerparlamentarische Linke in Hamburg schweigt bisher zum Konzept. | |
Erst kürzlich jedoch hatte Rote-Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt | |
gegenüber der dpa gesagt: „Wenn die politische Konfrontation und die | |
Gemengelage es nötig machen, dann ist die Militanz für uns eine Option. “ | |
Von der Fraktion der Linken in der Bürgerschaft bekommt das Konzept nicht | |
nur Kritik. „Man merkt, dass die Verantwortung im Wesentlichen bei der | |
Sozialbehörde liegt“, so die innenpolitische Sprecherin Christiane | |
Schneider. „Es ist kein reines Polizei- und Verfassungsschutzkonzept.“ | |
Mängel sieht sie dennoch: „Der Anteil der Polizeigewalt an Eskalationen | |
wird nicht mal in Erwägung gezogen“, so Schneider. | |
30 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Angriff-auf-Hamburgs-Innensenator/!5650546/ | |
[2] /Programm-gegen-Linksextremismus/!5049630/ | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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