| # taz.de -- Nazi-Aufmarsch in Dresden: Chaos vor den Superdemos | |
| > Es wird nicht nur ein riesiger Nazi-Auflauf – es könnte auch einer der | |
| > größten Anti-Nazi-Proteste der deutschen Geschichte werden. Doch vorher | |
| > schlagen die Wogen in Sachsen hoch. | |
| Bild: Die Frage ist: Wie schafft die Polizei, geschätzte 20.000 Demonstranten … | |
| Reisende mit dem Ortsziel Dresden dürfen sich am Samstag auf massive | |
| Straßenblockaden einrichten. Auch am Abend bevor in der sächsischen | |
| Landeshauptstadt bis zu 6.000 Neonazis und 20.000 Gegendemonstranten | |
| erwartet werden, steht in Dresden nur eines fest: Der Tag könnte für viele | |
| ein großes Desaster werden. Allen voran für die Polizei. Denn in Dresden | |
| wird am Wochenende ein politischer Streitfall erwartet, wie er auch nach | |
| den massiven Blockadeaktionen aus dem letzten Jahr beispiellos in der | |
| jüngeren Stadtgeschichte sein dürfte. | |
| Über 260 Busse konnte allein das zivilgesellschaftliche Bündnis "Dresden | |
| Nazifrei" mobilisieren, die am Samstag aus allen Teilen Deutschlands und | |
| auch aus dem europäischen Ausland in Sachsen eintreffen sollen. Darin | |
| sitzen Gewerkschafter, Parteifunktionäre und Antifaschisten. Darin sitzen | |
| aber auch tausende friedliche Demonstranten, die sich am Samstag den | |
| Neonazis friedfertig in den Weg stellen wollen. Allein 13.000 Zugereiste | |
| werden damit am Samstag erwartet – da sind die Dresdner noch nicht | |
| mitgezählt. Selten zuvor konnte ein derartiger Protest gegen einen | |
| Aufmarsch von rechtsextremen Kameraden und Parteikadern organisiert werden. | |
| Doch anstatt das zivilgesellschaftliche Bündnis aus verschiedensten | |
| Parteien, Gruppen, Initiativen, Gewerkschaften, Prominenten und | |
| Privatpersonen zu feiern, wartet die Dresdner Stadtverwaltung in erster | |
| Linie mit einem auf: Weil sie sich der Sachen nicht gewachsen fühlt, | |
| schafft sie kurz vor dem heißen Tag vor allem Chaos – und will nun | |
| entschlossen vor allem gegen Gegendemonstranten vorgehen. | |
| Im Streit um die Kundgebungspläne der Neonazis zeigte sich am Freitag, wie | |
| überfordert die Dresdner Behörden und die Polizei zu sein scheinen. Weil | |
| aufgrund anderer Großeinsätze in Deutschland nicht hinreichend Beamte vor | |
| Ort seien, legte die Behörde kurzerhand drei separat angemeldete Aufmärsche | |
| Rechtsextremer zusammen und berief sich mit dem Verweis auf die geringe | |
| Polizeistärke auf die eigene Unfähigkeit, die Sicherheit der | |
| Veranstaltungen zu gewährleisten. | |
| Das hat einen Hintergrund: Das Dresdner Verwaltungsgericht hatte im Januar | |
| die Stadt Dresden dafür gerügt, beim blockierten Neonaziaufmarsch im | |
| letzten Jahr nicht hart genug durchgegriffen zu haben. Und: Anders als am | |
| letzten Wochenende, wo in Dresden 6.000 Beamte bei einem vergleichsweise | |
| unspektakulären Neonaziaufmarsch bereit standen, verfügt die Polizei an | |
| diesem Wochenende über weit weniger Kräfte aus dem Bundesgebiet – weil in | |
| anderen Städten Bundesligaspiele anstehen oder die Beamten gerade vom | |
| Castor-Einsatz kommen. | |
| Das Dresdner Verwaltungsgericht kassierte den Vorschlag der Stadt | |
| allerdings umgehend ein und argumentierte, dass die Stadt Dresden sich | |
| nicht auf einen "selbst geschaffenen Notstand berufen" dürfe – eine | |
| schallende Ohrfeige. Am Abend dann gab die Stadt der richterlichen | |
| Entscheidung bei und ging nicht in Berufung. Sie teilte mit, dass nunmehr | |
| drei verschiedene Kundgebungen aus dem rechten Lager stattfinden dürften, | |
| allerdings ohne dass die Neonazis durch Dresden marschieren. | |
| Doch der Richterspruch hatte es in sich. In der Eilentscheidung betonen die | |
| Richter auch, dass sich behördliche Maßnahmen "primär gegen die | |
| Gegendemonstranten richten" müssten. Damit stehen nun jene im Fokus der | |
| Polizeibeamten, die massenhaft angekündigt hatten, sich den Rechtsextremen | |
| friedlich in den Weg zu setzen. Unter ihnen auch zahlreiche | |
| Bundestagsabgeordnete, Künstler und andere Prominente. | |
| Die Stadt Dresden setzt nun auf eine strikte "Lagertrennung" und will die | |
| natürliche Grenze der Elbe dazu nutzen, die Rechtsextremen sowie die | |
| Gegendemonstranten gar nicht zueinander gelangen zu lassen. Südlich des | |
| Hauptbahnhofs, unterhalb der Elbe, sollen die Neonazis demonstrieren | |
| dürfen, sämtliche Gegenveranstaltungen dürften nur noch nördlich der | |
| Elbe, im anderen Teil der Stadt, stattfinden. Das hatte unter anderem zur | |
| Folge, dass eine angemeldete Veranstaltung des Deutschen | |
| Gewerkschaftsbundes ebenfalls verboten wurde. Einzig die über 50 Mahnwachen | |
| der Kirchen dürften nach wie vor stattfinden, teilte die Stadt Dresden mit. | |
| Weil unklar ist, wie Dresdens Behörden das gesamte Stadtzentrum von bis | |
| 20.000 Gegendemonstranten freihalten wollen, dürfte der Samstag spannend | |
| werden. Am Freitagnachmittag hatte es bereits Gerüchte gegeben, wonach | |
| Sicherheitsbehörden in Erwägung ziehen könnten, Gegendemonstranten bereits | |
| auf den Anfahrtswegen nach Dresden aufhalten zu wollen. Daraufhin hatten | |
| diese angekündigt, im diesem Falle auch in Erwägung zu ziehen, ganze | |
| Autobahnabschnitte zu blockieren. Das Bündnis "Dresden Nazifrei" | |
| untermauerte unterdessen sein Vorhaben "entschlossen, aber friedfertig" | |
| vorzugehen. | |
| Für Samstagmorgen um 8.30 Uhr ruft das Bündnis zu einem Treffen an der | |
| Marienbrücke auf. Von dort sollen dann erste Gegendemonstrationen in einen | |
| Tag voller Blockaden starten. Die einen könnten auf der Straße sitzen, die | |
| anderen auf der Autobahn. Und die Dresdner Stadtverwaltung, die sitzt | |
| zwischen allen Stühlen. Wie gut sie da sitzt, das wird der Tag erweisen. | |
| 18 Feb 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| M. Kaul | |
| S. Poelchau | |
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