# taz.de -- Nachruf auf Boris Beresowski: Der „graue Kardinal“ ist tot | |
> Der Oligarch und Gegner von Präsident Putin, Boris Beresowski, ist am | |
> Samstag im Londoner Exil gestorben. Vertraute schließen Selbstmord nicht | |
> aus. | |
Bild: Todesursache noch unklar: Boris Beresowski. | |
MOSKAU taz | Russlands bekanntester politischer Flüchtling, Boris | |
Beresowski, ist tot. Der russische Oligarch starb am Sonnabend im Alter von | |
67 Jahren im Londoner Exil. Die Polizei untersuchte das Anwesen in Ascot | |
auf biologische oder nukleare Spurenelemente. 2007 war Beresowskis | |
Vertrauter, der ebenfalls flüchtige Geheimdienstagent Alexander Litwinenko, | |
in London mit Polonium vergiftet worden. Vertraute des ehemaligen „grauen | |
Kardinals“ im Kreml vermuteten, Beresowski könne an Herzversagen gestorben | |
sein oder Selbstmord begangen haben. | |
In der letzten Zeit war es um den Putin-Gegner ruhig geworden. 2012 hatte | |
er gegen seinen Landsmann Roman Abramowitsch in London einen Prozess | |
verloren. 3,5 Milliarden Euro forderte er von dem Exkompagnon, der ihn zum | |
übereilten Verkauf von Aktien unter Preis überredet haben soll. Beresowski | |
ging leer aus. Doch auch dass er gegen einen Günstling Wladimir Putins vor | |
einem britischen Gericht den Kürzeren zog, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. | |
Wenig schmeichelhaft fiel auch die Charakterisierung des Klägers durch die | |
Richterin aus, die ihn einen „unseriösen Zeugen“ nannte, der absichtlich | |
unaufrichtig gewesen sei. Der Glaube an den Westen war dahin. Er soll | |
depressiv geworden sein. | |
Auch als Finanzjongleur hatte ihn die Fortune verlassen. Angeblich stand er | |
kurz vor der Pleite. Der russischen Ausgabe von Forbes sagte er am Tag vor | |
seinem Tod, dass ein Leben im Exil keinen Sinn habe und er sich nichts so | |
sehr wünsche, wie nach Russland zurückzukehren. | |
Sein Verhältnis zum Umgang mit Moral und Recht war höchst widersprüchlich. | |
Daher konnte er sich auch nur unter russischen Bedingungen verwirklichen | |
und zu Hochform auflaufen. Nichts erinnerte mehr an die schillerndste Figur | |
des postsowjetischen Russlands. Der promovierte Mathematiker, der sich mit | |
„Verhaltenssteuerung in außergewöhnlichen Situationen“ befasst hatte, war | |
der Strippenzieher hinter den politischen Kulissen in der anarchischen | |
Umbruchzeit nach dem Kollaps des Kommunismus. Er war von sich und der Macht | |
besessen. | |
## Organisator von Jelzins Wahlkampf | |
Bereits 1989 gründete er die Aktionärsgesellschaft Logowas. Den Autohandel | |
baute er zu einer weitverzweigten Industrieholding aus. Auch die Vertretung | |
von Mercedes auf dem neuen russischen Markt gehörte anfangs zu seiner | |
Angebotspalette. Damit schuf er den Grundstock seines Kapitals. Später | |
beteiligte er sich am staatlichen Fernsehsender ORT und erwarb mehrere | |
Tageszeitungen. Im Präsidentschaftswahlkampf 1996 brauchte er die Medien. | |
Für den angeschlagenen Kremlchef Boris Jelzin organisierte Beresowski den | |
Wahlkampf. In dieser Zeit traten die Oligarchen, die sich die Filetstücke | |
der sozialistischen Wirtschaft für geringes Entgelt unter den Nagel | |
gerissen hatten, erstmals als eine kollektive Kraft mit politischer | |
Ambition auf. | |
Mit Jelzins Wiederwahl begann nicht nur der kometenhafte Aufstieg des | |
Königsmachers, auch das Vermögen wuchs rasant. Bis zu seiner Flucht | |
bekleidete Beresowski mehrere Staatsämter. So intelligent er war, so wenig | |
Menschenkenntnis besaß er. Die Die folgenschwerste Fehleinschätzung beging | |
er 1999, als er Putin den Weg zur Nachfolge Jelzins ebnete. Der Neue ließ | |
sich nichts vorschreiben. | |
Der Gang ins Exil war vorprogrammiert. Doch das Feindbild Beresowski wirkte | |
weiter. Der Exilant wurde für den Kreml zum universellen Sündenbock. Jetzt | |
hat er sich entzogen, und der Kreml überlegt, ob er einer posthumen | |
Rückkehr des „bestgehassten Mannes der 90er Jahre“ zustimmen soll. | |
Angeblich hat Beresowski Putin 2012 um Verzeihung gebeten. | |
24 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
Klaus-Helge Donath | |
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