# taz.de -- Nachruf auf Baha Güngör: Ein leidenschaftlicher Journalist | |
> Baha Güngör war im Jahr 1991 der erste dpa-Korrespondent in der Türkei. | |
> Nun ist er im Alter von 68 Jahren gestorben. | |
Bild: Er hat mitgeholfen, anderen Deutschtürken den Weg in die deutschen Medie… | |
„Hallo geht’s gut?“ Wenn man Baha Güngör traf, traf man einen gutgelaun… | |
Menschen. Egal wo Baha sich gerade befand, im Büro, auf einer Tagung, einer | |
Recherchereise oder einfach in der Kneipe, seine rheinische Frohnatur brach | |
sich überall Bahn. | |
So beginnt auch sein Buch „Die Angst der Deutschen vor den Türken“ mit | |
einem Witz. Im Witz verpackt ist die Hinhaltetaktik der EU gegenüber der | |
Türkei. Vielleicht das Lebensthema von Baha Güngör überhaupt. Wie viele | |
Deutschtürken der zweiten Generation hoffte er, dass sich durch einen | |
Beitritt der Türkei zur EU die Situation der türkischen Migranten in | |
Deutschland endlich grundlegend verbessern würde, als normale EU-Bürger in | |
einem normalen EU-Land. | |
Denn hinter der fröhlichen Fassade verbarg sich ein ernsthafter Wille und | |
eine große Leidenschaft. Baha Güngör war ein leidenschaftlicher Journalist, | |
der seine Themen engagiert in der Öffentlichkeit vertreten wollte. So wurde | |
er einer der ersten Deutschtürken, dem es gelang in deutschen Medien als | |
Journalist Fuß zu fassen. | |
Baha kam 1961 mit seinen Eltern als Kind nach Deutschland. Die Familie | |
lebte in Aachen, türkische Einwanderer waren noch nicht Teil einer großen | |
„Gastarbeiter-Community“ und Baha wurde deshalb schnell zu einem normalen | |
Schüler, der ein Abitur machte und später studierte. Als er fertig war, war | |
die türkische Einwanderung schon in vollem Gange und er wurde als | |
Deutschlehrer und Dolmetscher für seine Landsleute aktiv. | |
Ein Volontariat bei der Kölnischen Rundschau brachte ihn zum Journalismus. | |
Güngör arbeitete bei unterschiedlichen Zeitungen und Nachrichtenagenturen | |
in Nordrhein-Westfalen und landete Anfang der 80er Jahre bei der | |
Westdeutschen Allgemeinen (WAZ), der größten Zeitung des Ruhrgebietes. Die | |
WAZ schickte ihn als Korrespondenten in die Türkei, zu einem Zeitpunkt, als | |
die Türkei noch ein weißer Fleck auf der Landkarte der bundesdeutschen | |
Auslandsberichterstattung war. | |
Wenn überhaupt machten deutsche Korrespondenten die Türkei damals von Athen | |
aus mit. Bei Baha war es erstmals anders herum. Er kümmerte sich von | |
Istanbul aus auch um Griechenland. Doch während Griechenland damals EWG | |
Mitglied wurde, geriet die Türkei in der Folge des Putsches vom September | |
1980 international immer mehr in die Isolation. Baha Güngör wollte das | |
ändern. Er wurde 1991 erster dpa-Korrespondent in der Türkei und damit für | |
viele deutschen Medien die Stimme aus der Türkei. | |
Als Ende der 90er Jahre die Türkei offiziell Beitrittskandidat wurde, hat | |
Baha sich gefreut. Die kommenden Jahre brachten die Hoffnung, dass der | |
Traum von der Normalität durch EU-Mitgliedschaft tatsächlich in Erfüllung | |
gehen könnte. Sein Buch von 2004 ist ein leidenschaftliches Plädoyer für | |
den Beitritt, in dem er alle Argumente aufzählt, die geeignet schienen, den | |
Deutschen die Angst vor den Türken zu nehmen. Wie wir wissen, ist er damit | |
gescheitert. Er arbeitete dann als Leiter der türkischen Redaktion der | |
Deutschen Welle, aber er wirkte zuletzt sehr desillusioniert über die | |
Entwicklung in Deutschland wie in der Türkei. | |
In einem Punkt war er aber doch erfolgreich. Er hat mitgeholfen, anderen | |
Deutschtürken den Weg in die deutschen Medien zu bahnen. | |
Baha Güngör ist nach kurzer, schwerer Krankheit mit nur 68 Jahren | |
gestorben. Er war verheiratet und hat zwei Kinder, Umut und Ufuk, denen er | |
auch sein Buch gewidmet hatte. | |
23 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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