| # taz.de -- Muslime bleiben außen vor: Dschihad im Klassenraum | |
| > Ein Fachtag im Landesinstitut für Schule thematisiert Islamismus im | |
| > Klassenraum, in Kooperation mit dem Verfassungsschutz. Ditib und Schura | |
| > sind verärgert. | |
| Bild: Verwechslungsgefahr: Wenn es um Muslime geht, ist oft nur von Islamisten … | |
| Wenn es um „muslimisches Leben von Kindern und Jugendlichen in Bremen | |
| geht“, so müssen die islamischen Verbände Ditib und Schura dahinterstecken. | |
| Könnte man meinen. Allerdings: Unter diesem Titel findet am Mittwoch ein | |
| Fachtag im Landesinstitut für Schule (LIS) statt – ohne die genannten | |
| Religionsverbände. Dafür mit einem Referenten des Verfassungsschutzes und | |
| Vorträgen zu Islamismus und Salafismus. Ditib und Schura sind empört. | |
| „Die Muslime scheinen – wie so oft – beim Thema Islam überflüssig zu se… | |
| heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. „Wenn man sagt, es gibt | |
| religiös-bedingte Probleme, dann muss man versuchen, die Kriterien mit den | |
| Religionsgemeinschaften zu klären“, sagt Khalid Preukschas von der Schura | |
| zur taz. | |
| „Für uns ist das kein religiöses Thema“, sagt Maria Meyer, Referentin für | |
| politische Bildung am LIS. Sie hat den Fachtag initiiert, in Kooperation | |
| mit dem Jugendamt und dem Verfassungsschutz. Womöglich sei der Titel der | |
| Veranstaltung irreführend: Es gehe hauptsächlich um Probleme mit Salafisten | |
| und Islamisten. Hilfen und Erklärungen für PädagogInnen sollen angeboten | |
| werden, wie sie mit solchen Jugendlichen in ihren Klassen umgehen. „Mit den | |
| islamischen Verbänden wäre es ein anderer Schwerpunkt“, sagt Meyer. | |
| „Natürlich gibt es diese Probleme“, sagt Preukschas. „Aber, das sind | |
| Einzelfälle“: Jugendliche, die mit dem Islam gar nicht viel zu tun hätten, | |
| nutzten ihn, um sich abzugrenzen. „Da muss man wissen, was islamisch | |
| bedingt ist“, so Preukschas. „Der Verfassungsschutz ist dafür wohl nicht | |
| der geeignete Partner.“ Weder die Religionsgemeinschaften, Eltern- oder | |
| Jugendvereine, noch islamische Theologen oder Wissenschaftler würden auf | |
| dem Fachtag beteiligt. | |
| Hazim Fouad sieht das anders. Er arbeitet beim Bremer Verfassungsschutz und | |
| hält am Mittwochvormittag zwei der drei Vorträge. „Ich bin dort eher als | |
| Islamwissenschaftler“, sagt Fouad zur taz. Es gehe um die „theoretische | |
| Dimension“: Salafismus sei für Jugendliche attraktiv, wegen scheinbar | |
| eindeutiger Antworten. „Der Prediger sagt, wo es lang geht und kennt die | |
| Lebensrealitäten der Jugendlichen. Und ebenso wie die Webseiten spricht er | |
| die Jugendlichen auf deutsch an. In den traditionellen Moscheen wird meist | |
| türkisch oder arabisch gesprochen.“ Etwa 350 Salafisten gebe es in Bremen. | |
| „Insbesondere Personen, die Diskriminierungs-Erfahrungen gemacht haben, | |
| sich ausgestoßen fühlen, erfahren in der Gemeinschaft Akzeptanz.“ | |
| Aufwertung der eigenen Gruppe und Abwertung der anderen – das finde man | |
| generell bei fundamentalen Gruppen, bei Rechtsradikalen wie bei | |
| Evangelikalen. Salafismus sei auch eine Protestkultur. | |
| „Mit den Äußerungen wollen die Schüler provozieren und Aufmerksamkeit | |
| erlangen“, sagt auch André Taubert von „Kitab“, einem neuen | |
| Beratungsnetzwerk innerhalb von „Vaja“, des Vereins zur Förderung | |
| akzeptierender Jugendarbeit. Zusammen mit Fouad leiten Taubert und ein | |
| Kollege von „Kitab“ den Fachtag. Seit Oktober richtet sich „Kitab“ an | |
| „Eltern, Angehörige und Betroffene in der Auseinandersetzung mit | |
| Islamismus“, finanziert vom Bundesinnenministerium, in Kooperation mit dem | |
| Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. „Den Lehrern fehlen oft die | |
| Argumente“, sagt Taubert. Etwa, wenn einer Lehrerin gesagt werde, „mit | |
| Ihnen spreche ich gar nicht, weil Sie eine Frau sind“. Wenn das dann offen | |
| in der Klasse thematisiert werde, komme heraus, dass der Junge den Spruch | |
| nur aufgeschnappt habe. „Zu einem großen Teil sind das Jugendliche, die | |
| überhaupt keine muslimischen Wurzeln haben.“ Taubert betont, dass es einen | |
| guten Kontakt zu Ditib und Schura gebe. Der Fachtag gehe um Islamismus und | |
| weniger um Muslime. „Wir können das trennen.“ | |
| Dennoch: Schura-Sprecher Preukschas ärgert sich, dass unter dem Label | |
| „muslimisches Leben“ nur über Islamismus geredet wird. Mindestens bei einem | |
| Workshop geht es auch um „religiös bedingte Hürden im Schulalltag“. Die | |
| Teilnahme an Klassenfahrten und dem Schwimmunterricht sind immer wieder | |
| Streit-Themen. Warum da nicht auch Schura und Ditib zu Referaten eingeladen | |
| würden, kann er nicht verstehen. | |
| 1 Mar 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
| ## TAGS | |
| Islam | |
| Salafisten | |
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