# taz.de -- Kreativwirtschaft: Hamburg droht der Abstieg | |
> Noch machen Hamburgs Kreativ-Unternehmen bundesweit den meisten Umsatz. | |
> Doch Berlin holt auf - längst nicht mehr nur, indem es Künstler anzieht. | |
Bild: Erfolgreicher Kreativwirtschaftler: der Games-Entwickler Jens M. Stober m… | |
HAMBURG taz | Der ewig Vergleich mit Berlin, er nervt mittlerweile. Nicht | |
nur in Hamburg, auch in Bremen und Hannover ist es unter den Künstlern eine | |
Standarddebatte, ob ein Umzug nach Berlin angezeigt wäre. Wegen der | |
günstigen Mieten und der niedrigen Lebenshaltungskosten. Und wegen der sexy | |
Kunstszene natürlich. | |
Vor diesem Hintergrund klingt die neueste statistische Erhebung aus Hamburg | |
zunächst wie eine Breaking News: Hamburg, so steht es im druckfrischen | |
Kreativwirtschaftsbericht der Stadt, ist gemessen am Umsatz in den | |
Privatbetrieben der Kreativwirtschaft bundesweit Spitzenreiter. Im Jahr | |
2008 lag der Umsatz in Hamburg bei 10,6 Milliarden Euro. Berlin kam dagegen | |
nur auf 9,1 Milliarden, München auf rund neun Milliarden Euro. Dabei | |
erzielten die Hamburger Unternehmen im Durchschnitt 800.000 Euro Umsatz pro | |
Jahr – das sei doppelt so viel wie in Berlin, sagt Egbert Rühl von der | |
städtischen Hamburg Kreativ Gesellschaft. | |
Das alles klingt toll, und dennoch ist eine brummende Kreativwirtschaft | |
keineswegs gleich bedeutend mit einer lebendigen Kulturszene. | |
„Kreativwirtschaft“ ist ein Sammelbegriff für elf Teilmärkte, die in ihren | |
Ansprüchen und ihrer Wirtschaftskraft höchst unterschiedlich sind. So | |
zählen zur Kreativwirtschaft ebenso der Buch- und Kunstmarkt wie der | |
Pressemarkt, die Designwirtschaft und der Markt für Computerspiele und | |
Software. Letzterer hat in Hamburg in den Jahren 2003 bis 2008 ein | |
Umsatzwachstum von rund 150 Prozent hingelegt. | |
Die weiteren Pfeiler der Hamburger Kreativwirtschaft sind die Werbung, die | |
Designwirtschaft und der Pressemarkt. Zwar nahm der Umsatz auf dem | |
Hamburger Pressemarkt zwischen 2003 und 2008 auch aufgrund von Umzügen nach | |
Berlin um 43,4 Prozent ab. Trotzdem ist der Pressemarkt mit einem Anteil | |
von 32,2 Prozent am Gesamtumsatz der umsatzstärkste Teilmarkt der Hamburger | |
Kreativwirtschaft – die Software-Entwickler erreichen auch mit ihrem Boom | |
im Rücken nicht die wirtschaftliche Potenz der großen Hamburger Verlage. | |
Grundsätzlich zeigt sich, dass die Spitzenposition von Hamburg gegenüber | |
Berlin, München und Köln gefährdet ist. Während insbesondere Berlin seit | |
2007 kontinuierlich zulegt, ist der Umsatz in Hamburg zwischen 2003 und | |
2008 um 19,7 Prozent zurückgegangen. | |
Die Hamburg Kreativ Gesellschaft leitet daraus unter anderem die Forderung | |
ab nach mehr bezahlbarem Raum für die kreative Szene der Stadt. Diese | |
Forderung hat allerdings mehr mit Kulturpolitik als mit Kreativwirtschaft | |
zu tun: Den Umsatz bringen Unternehmen wie der Spiegel oder der Architekt | |
Hadi Teherani nach Hamburg. Und denen muss niemand eine Bleibe suchen. | |
20 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Irler | |
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