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# taz.de -- Kommentar Pro Schottern: Eine neue Qualität
> Der Konsens der Kampagne "Castor schottern" war, nicht die Polizei,
> sondern die Bundesregierung zu attackieren. Es war nur eine Minderheit,
> die sich nicht an diese Abmachung hielt.
Niemand, der gesehen hat, mit welcher Gewalt die Polizei im Wendland
vorging, wird undifferenziert vom "Schottern" schwärmen können - davon, wie
beim Protest gegen den Castortransport die Gleisbetten von Steinen befreit
wurden. Und man darf nicht verschweigen, dass im Schatten dieser Aktion
auch einige militante Autonome Brandsätze warfen und die Polizei heftig
angingen. Dennoch gilt: Das Schottern war ein Erfolg. Es hat die Spielräume
sozialer Bewegungen erweitert.
Der Konsens der Kampagne "Castor schottern" war, nicht die Polizei, sondern
die Bundesregierung zu attackieren. Es war nur eine Minderheit, die sich
nicht an diese Abmachung hielt und Polizeiautos in Brand steckte. Die
wenigen Bilder davon genügten bereits, um dem Ruf der "Schottern"-Kampagne
zu schaden.
Hätte es diese Bilder nicht gegeben, dann hätte man stattdessen gesehen,
was sonst noch so im Göhrdewald passierte. Dort gingen über 3.000 Menschen
mit erhobenen Händen ruhig auf Polizeiketten zu - und wurden ohne
Vorwarnung niedergeknüppelt. Diese Szenen erinnerten mehr an Gandhis
berühmten "Salzmarsch" als an autonome Straßenschlachten. In der
Strahlkraft solcher Szenen aber liegt das Potenzial solcher Kampagnen des
zivilen Ungehorsams.
Sich für politische Überzeugungen einzusetzen und dafür eigene Verletzungen
in Kauf zu nehmen galt lange nicht gerade als hip. Doch die Schwelle des
Politischen hat sich für viele junge Menschen verschoben. Niemand hätte
vermutet, dass sich tausende Menschen an einer Aktion beteiligen, die sich
moralisch legitimieren, aber juristisch als Straftat einordnen lässt. Das
kannte man bislang bestenfalls von Blockaden bei Naziaufmärschen.
Im Wendland zeigte sich eine neue Qualität des zivilen Ungehorsams. Daran
lässt sich anknüpfen. Etwa wenn der Bundestag am 26. November sein
unsoziales Sparpaket beschließen will und linke Gruppen planen, an diesem
Tag das Parlament zu blockieren. Oder wenn der nächste Castorzug kurz vor
Weihnachten nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern rollt. Nach dem Schottern
ist vor dem Schottern.
19 Nov 2010
## AUTOREN
Martin Kaul
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Kommentar Contra Schottern: Ausgeschottert
"Castor schottern" war eine schicke Kampagne und hat durchaus einige ins
Wendland mobilisiert. Taktische Blockier-Erfolge sind nicht zu verzeichnen.
Bitte nicht noch einmal!
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