# taz.de -- Kommentar Contra Schottern: Ausgeschottert | |
> "Castor schottern" war eine schicke Kampagne und hat durchaus einige ins | |
> Wendland mobilisiert. Taktische Blockier-Erfolge sind nicht zu | |
> verzeichnen. Bitte nicht noch einmal! | |
Sicher. "Castor schottern" war eine schicke Kampagne und hat durchaus | |
einige ins Wendland mobilisiert. Und fast alle, die vor Gorleben die | |
Gleisbetten stürmten, hielten sich an den Konsens: "Der Gegner ist nicht | |
die Polizei." | |
Leider hat das wenig genützt. Denn die Polizei fühlte sich bedroht und | |
reagierte mit brutaler Härte. So friedlich die meisten "Schotterer" auch | |
blieben - die Bilder, die am Ende in den Medien zu sehen waren, schienen | |
aus einem Bürgerkrieg zu stammen. Einzelne Schotternde waren eben doch | |
nicht friedlich geblieben. Und schon ein einzelnes solches Bild davon kann | |
ausreichen, um die Proteste im Gesamten zu diskreditieren. | |
Die Bundesregierung nahm diese Vorlage gern an und versuchte, am Beispiel | |
der Schotterer die ganze Anti-Atom-Bewegung als "gewalttätig" hinzustellen. | |
Es ist dem gewaltfreien Widerstand, wie er sich bei den Sitzblockaden auf | |
Straße und Schiene zeigte, zu verdanken, dass dieser Versuch misslang. | |
Dafür, dass der Castortransport in diesem Jahr eine Rekordfahrzeit von 92 | |
Stunden benötigte, waren andere verantwortlich: Das geht auf viele einzelne | |
Aktionen von Frankreich bis Lüneburg zurück sowie auf die Sitzblockade auf | |
der Schiene bei Harlingen, und nicht zuletzt blockierte Greenpeace lange | |
Zeit erfolgreich mit einem Lkw, in dem sich Aktivisten angekettet hatten. | |
Die 150 Gleismeter, die entschottert wurden, stoppten den Castor hingegen | |
nicht. | |
Einige Schotter-Befürworter argumentieren, man habe doch immerhin die | |
Polizei abgelenkt, zum Beispiel bei Harlingen, wo tausende die Schiene | |
blockierten. Ein Scheinargument: Auch ohne "Schottern" wäre es in Harlingen | |
gelungen, auf die Schiene zu gelangen. | |
An die 1.000 Verletzte waren es, die sich von der Polizei verprügeln lassen | |
mussten, ohne damit einen nennenswerten taktischen Erfolg zu erzielen. Das | |
Schotter-Fazit: Viel Prügel für wenig Effekt. Zu viel Risiko, dass die | |
Situation eskaliert. Und zu viele brenzlige Situationen. | |
"Schottern" - das war schon irgendwie hip. Aber nächstes Mal muss das bitte | |
nicht noch einmal sein. | |
19 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Julia Seeliger | |
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