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# taz.de -- Klaus Wowereit auf Kieztour: Der Mediator auf der Brücke
> Der Regierender Bürgemeister schaut in den Berliner Bezirken, was so vor
> Ort los ist. Die lärmgeplagten Anwohnerinnen der Kreuzberger
> Admiralbrücke bezirzt er durch einfaches zuhören.
Bild: Hörender Bürgermeister: Klaus Wowereit auf der Admiralbrücke
"Wir brauchen ganz neue Ideen", ruft Anwohnerin 1. "Da hilft nur räumen",
meint Anwohnerin 2. "Wenn es wenigstens eine Toilette gäbe, damit die Leute
nicht an die Kirche pinkeln", wünscht Anwohnerin 3. Die Admiralbrücke ist
fast so voll wie an den Abenden, an denen hier hunderte junge Menschen
lautstark feiern. Aber es ist Mittwochmittag. Und die aktuelle Attraktion
heißt Klaus Wowereit. Er steht mitten in der Menge der wild diskutierenden
Anwohnerinnen.
Der Regierende Bürgermeister ist auf Tour. Alle zwölf Berliner Bezirke will
er binnen einem Jahr besuchen - für je einen Tag. Heute ist
Friedrichshain-Kreuzberg an der Reihe. Er hat sich schon mit
Gewerbetreibenden im Graefekiez getroffen. Das Ständchen eines
Straßenmusikers genossen. Beim Italiener einen Espresso getrunken. Er wird
später noch am Kottbusser Tor mit Anwohnern über die dortige Drogenszene
diskutieren. Und mit Vätern aus dem Türkischen Elternverein über Bildung
und Integration.
Jetzt aber steht er auf der Brücke. "Anwohner haben mir geschrieben: Das
ist doch bekloppt, dass ich am Mittag komme", erzählt Wowereit. Aber ihm
sei ja bekannt, was dort in der Nacht passiere. Zur Sicherheit zeigt
Anwohnerin 2 ein Video auf dem Display ihrer Kamera. Man sieht darauf nicht
viel. Aber man hört den Lärm. In der Nacht zuvor hat die Polizei die Brücke
geräumt. "Räumen, räumen, räumen!", ruft Anwohnerin 2. "Gab es besonders
viel Lärm, oder wurde geräumt, weil ich heute komme?", will Wowereit
wissen.
Das Umweltamt hatte in der Nacht den Lärm gemessen. Der habe deutlich über
dem Tolerierbaren gelegen, erklärt der hinzugerufene
Polizeiabschnittsleiter. Die Menge sei aufgefordert worden zu gehen, habe
aber die Beamten nur ausgebuht. Erst als eine Hundertschaft kam, seien die
Feiernden gegangen.
"Die Jugendlichen sagen, sie haben keinen anderen Ort, weil die
Jugendzentren geschlossen werden", berichtet Anwohnerin 1. "Aber das gilt
nicht für die Masse der Touristen hier", entgegnet Wowereit. "Der Kaisers
am Kotti hat bis 24 Uhr auf. Da holen die immer Nachschub", ärgert sich
Anwohnerin 4. "Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Die Politik kann nicht
alle Läden schließen, bloß weil die Leute Alkohol trinken", entgegnet
Wowereit. "Räumen!", fordert noch mal Anwohnerin 2. "Wir brauchen ein
Lösung, so soft wie möglich, ohne dass die Polizei jede Nacht die Brücke
besetzt", entgegnet Wowereit.
"Unsere Aufgabe ist nicht, Position zu ergreifen. Wir sind hier, damit alle
sich äußern können." Das sagt nicht der Regierende Bürgermeister, sondern
die vom Bezirk beauftragte Mediatorin. Für eine gute halbe Stunde aber hat
Wowereit ihren Job übernommen. Er hat kein Problem gelöst. Aber irgendwie
sind alle zufrieden, dass er mal da war.
Unten schippert ein Ausflugsdampfer vorbei. "Hallo, Herr Wowereit!", rufen
die Passagiere. Der Regierende winkt.
12 Aug 2010
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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