| # taz.de -- Keine Proteste gegen Bundeswehr-Gelöbnis: Gelöbnix wird nix | |
| > Zentrale Proteste des Gelöbnix-Bündnisses gegen das Bundeswehr-Gelöbnis | |
| > gibt es dieses Jahr nicht. Die Veranstaltung wird trotzdem von der | |
| > Öffentlichkeit abgeschottet. | |
| Bild: Seit 2008 wird vor dem Reichstag zum Gelöbnis aufmarschiert. | |
| Ab Dienstagmittag wird der Platz vor dem Reichstagsgebäude wieder zum | |
| Sperrgebiet. Und mit ihm ein Areal vom nördlichen Spreeufer bis über die | |
| Straße des 17. Juni hinweg. Verantwortlich dafür zeichnet die Bundeswehr, | |
| die am Dienstagabend wie in den vergangenen Jahren vor dem | |
| Reichstagsgebäude Soldaten ihr Gelöbnis ablegen lässt. Doch im Unterschied | |
| zu den vergangenen Jahren ist diesmal keine Protestveranstaltung geplant. | |
| Der Berliner Landesverband der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte | |
| KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) äußert sich in einer Erklärung, warum er | |
| in diesem Jahr auf Proteste verzichten will: "Wir meinen, dass der Aufwand, | |
| den eine Mobilisierung mit sich brächte, nicht in einem vertretbaren | |
| Verhältnis zum zu erwartenden Resultat steht." So sei die | |
| "Mobilisierungsbereitschaft in der Szene eher mau". Unter anderem hätten | |
| die Auflagen in den vergangenen Jahren, die Kundgebungen nur weit ab vom | |
| Gelöbnis erlaubten, eine Teilnahme unattraktiv gemacht. Gelöbnis und | |
| Proteste würden in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend untergehen, | |
| Aufmerksamkeit gebe es eher für provokative Aktionen als für Demos. Auch | |
| aus anderen Initiativen, die sich sonst an den Protesten beteiligten, ist | |
| zu hören, dass in diesem Jahr nichts geplant ist. | |
| Die DFG-VK zeigt sich selbstkritisch: "Woher das freundliche Desinteresse | |
| am Antimilitarismus, das wir bisweilen konstatieren, kommt, wäre eine | |
| tiefergehende Analyse wert, die auch nach Fehlern fragt, die aufseiten des | |
| Gelöbnix-Bündnisses gemacht wurden." Antimilitaristen sprechen von | |
| Konflikten verschiedener Gruppen innerhalb der Szene. | |
| Sebastian Schlüsselburg, Mitglied im Landesvorstand der Linkspartei und | |
| aktiv gegen die Werbung von Bundeswehr an Schulen, hat Verständnis für die | |
| Aktivisten: "Manchmal braucht man eine Atempause, um zu überlegen, welche | |
| neuen Inhalte und Formen des Protests möglich sind." Es sei ein großer | |
| Erfolg der Proteste der vergangenen Jahre, dass das Gelöbnis praktisch | |
| nicht mehr sichtbar ist. "Auf keinen Fall haben wir es hier mit einer | |
| Schwächung der antimilitaristischen Sache zu tun." | |
| 2008 hielt die Bundeswehr das Gelöbnis erstmals vor dem Reichstag ab, zuvor | |
| fand es abgeschottet im Bendlerblock im Verteidigungsministerium statt. | |
| Noch in den 90er-Jahren suchte die Bundeswehr stärker die Öffentlichkeit, | |
| unter anderem vor dem Schloss Charlottenburg. | |
| Dass es in diesem Jahr gar keinen Protest geben wird, glaubt Schlüsselburg | |
| allerdings nicht: "In der Vergangenheit gab es immer wieder überraschende | |
| Protestformen." Er erinnert zum Beispiel an das Jahr 2001, als sich zwei | |
| Aktivistinnen als Töchter des damaligen Verteidigungsministers Rudolf | |
| Scharping (SPD) ausgaben, sich nach ihrem Einlass an den Zaun ketteten und | |
| eine Sirene in Gang setzten. Auch aus Aktivistenkreisen ist zu hören, dass | |
| es dezentrale Proteste geben könnte. Nach Angaben einer Polizeisprecherin | |
| gibt es bislang allerdings keine Anmeldungen für Kundgebungen. | |
| Trotzdem bereitet sich die Polizei auf Proteste vor. In der | |
| "Allgemeinverfügung" der Polizei, die die Absperrungen in Mitte und | |
| Tiergarten ermöglicht, heißt es: "Für den 20. Juli ist mit (…) Störungen | |
| mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu rechnen." In den letzten | |
| Jahren sei es Aktivisten oft gelungen, "dicht an das zu schützende Ereignis | |
| heranzukommen". | |
| So sind die Kosten für den Polizeieinsatz mittlerweile höher als die für | |
| das Gelöbnis. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage aus der | |
| Bundestagsfraktion der Linkspartei beziffert die Bundesregierung die Kosten | |
| für die Bundeswehr, wie Tribüne, Busse und Empfang, auf 248.153 Euro. Die | |
| Kosten für die Berliner Polizei lagen dagegen im vergangenen Jahr bei | |
| 377.361 Euro. In diesem Jahr geht die Bundesregierung von einem | |
| "vergleichbaren Kostenansatz" aus. | |
| 19 Jul 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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