# taz.de -- „Jeder muss ein bisschen was fürs Klima tun“ | |
> Fixe Preise gibt es nicht im „Café Sunshine“ von Henrouise Michal. Dafür | |
> veganes südafrikanisches Essen – und immer weniger Müll | |
Bild: Henrouise Michal beim Zubereiten eines Wraps | |
Interview Teresa Wolny | |
taz: Frau Michal, was unterscheidet Ihr Restaurant von anderen? | |
Henrouise Michal: Ich würde eher den Begriff Bistro benutzen – Restaurant | |
klingt zu groß und Restaurants haben auch abends offen, das Bistro aber nur | |
bis 18 Uhr. Das besondere ist, dass wir sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit | |
legen und darauf achten, möglichst wenig Müll zu produzieren. | |
Schaffen Sie wirklich Zero Waste, also null Müll? | |
Dass wir Plastikmüll komplett vermeiden, geht leider noch nicht, aber dass | |
wir vegan sind, macht die Sache einfacher, weil die Abfälle meistens auf | |
den Kompost können. Außerdem versuche ich, Energie so gut wie möglich zu | |
nutzen. An Tagen, an denen ich zum Beispiel frisches Brot backe, mache ich | |
parallel ein Nudelgericht, um die Hitze des Ofens nicht zu verschwenden. | |
Sie kochen südafrikanisch – typischerweise ist da ja viel Fleisch | |
involviert. Wie machen Sie diese Küche vegan? | |
Ich finde, vegan zu kochen ist einfach, die Herausforderung für mich ist | |
tatsächlich, die südafrikanischen Speisen vegan zu interpretieren. In | |
Südafrika fängt man zwar auch an, mehr über das Thema nachzudenken, aber | |
die Menschen dort essen immer noch sehr gerne Fleisch. | |
Sie wirtschaften nach der Methode „Pay what you want“ – funktioniert das? | |
Wenn ich mich mit der Idee des Bistros selbstständig gemacht hätte, hätte | |
ich mich das wahrscheinlich nicht getraut. Weil ich aber den Verein im | |
Hintergrund habe, der meine Idee von Anfang an gut fand, können wir dieses | |
preisfreie System haben. Das funktioniert bisher auch sehr gut. Für | |
diejenigen, die sich unsicher sind, was sie am Ende ins Glas legen sollen, | |
haben wir einen Richtwert. Für ein großes Gericht, das zu 99 Prozent bio | |
ist, sind das zum Beispiel acht Euro. In zweieinhalb Monaten haben erst | |
drei Menschen unter diesem Wert bezahlt. Ich habe aber gehört, dass sich | |
das mit größerer Bekanntheit ändern könnte, weil die Gäste die Einstellung | |
entwickeln, dass sie in der Vergangenheit mehr gegeben haben und deshalb | |
jetzt weniger zahlen. Fragen Sie mich also in acht Monaten noch mal. | |
Mit Verein meinen Sie den „Allgemeinbildung – Natur Mensch Technik e. V.“, | |
in dem Sie selbst Mitglied sind. Ist es schwierig, alle Entscheidungen über | |
das Bistro im Plenum abstimmen zu müssen? | |
Es ist im Gegenteil eher eine Entlastung für mich, Rücksprache halten zu | |
können. Mir wird vom Verein viel Vertrauen entgegengebracht und im Gegenzug | |
finde ich es gut, nicht alle Entscheidungen alleine treffen und nicht | |
selbst große Geldsummen investieren zu müssen. Obwohl ich beim Namen | |
vielleicht ein bisschen mehr hätte kämpfen können. | |
Das Bistro heißt weiterhin „Café Sunshine“, unter dem Namen ist es schon | |
lange Treffpunkt des Vereins. Was war Ihre Namensidee? | |
Mein Traumname war „spaarsaam“. Meine Muttersprache ist ja Afrikaans, aber | |
es hört sich auch Plattdeutsch an. Ich finde das Wort so toll, weil es auf | |
Afrikaans, wenn man es trennt, „zusammen sparen“ bedeutet, und genau darum | |
geht es ja: zusammen sparsam mit unseren Ressourcen umgehen. | |
Was ist eigentlich Ihr Verständnis von Solidarität? | |
Das Preissystem im Bistro ist für mich solidarisch. Ich finde, dass jeder | |
einzelne Mensch ein bisschen was fürs Klima tun muss. Viele Menschen haben | |
das Gefühl, sie müssen alles tun, und dabei immer auch alles richtig | |
machen. Dabei geht es doch um The Big Picture. Ich selbst mache im Bistro | |
bestimmt noch viele Fehler – etwa dass ich eben noch nicht 100 Prozent nach | |
dem Zero waste-Prinzip arbeite. | |
Wie kann man auch Menschen außerhalb der Öko-Blase für diese Ideen | |
gewinnen? | |
Ich denke, dass man vor allem die ganz jungen Menschen für diese Themen | |
inspirieren muss, diese Generation fehlt tatsächlich noch ein bisschen im | |
Bistro. Um sie hierher zu locken, überlege ich deshalb gerade, einen | |
Zero-waste-Café-TikTok-Channel zu machen. | |
23 Sep 2021 | |
## AUTOREN | |
Teresa Wolny | |
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