# taz.de -- Herrndorf gewinnt Leipziger Buchpreis: Ein manischer Schreiber | |
> Für seinen Roman „Sand“ bekommt der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf den | |
> Preis der Leipziger Buchmesse. Der krebskranke Autor schreibt radikal | |
> selbstentblößend. | |
Bild: Konnte den Preis aus gesundheitlichen Gründen nicht entgegennehmen: Wolf… | |
LEIPZIG taz | Wolfgang Herrndorf, der diesjährige Preisträger der Leipziger | |
Buchmesse, schwimmt gern in den Seen Berlins, vor allem im Plötzensee. Er | |
spielt gern Fußball und hatte kürzlich einen Fahrradunfall. | |
Er ist ein manischer Schreiber, mit Anfällen von Selbstironie dieser Manie | |
gegenüber. Er geht gern ins Kino. Und er hat sich in die | |
Therapiemöglichkeiten von Hirntumoren via Internet eingelesen. Es gibt kaum | |
einen deutschen Schriftsteller, den man zuletzt lesend so intensiv | |
kennenlernen konnte wie diesen 1965 in Hamburg geborenen Autor. | |
Seitdem vor etwa zwei Jahren bei ihm eine Krebserkrankung diagnostiziert | |
wurde, führt Herrndorf ein Blog, das nur als Internettagebuch zu bezeichnen | |
eine glatte Fehleinschätzung wäre. Es ist radikale Selbstentblößung und der | |
Text eines dezenten und seiner Mittel stets sicheren Autors. Wer lesen | |
möchte, wie frei und direkt man als deutscher Schriftsteller zurzeit | |
schreiben kann, [1][der lese dieses Blog.] | |
Über Bohème-Leben und Berlin erfährt man darin viel, über | |
Freundschaftsnetzwerke, und wie sie durch Krankheit auf die Probe gestellt | |
werden, über die Fülle an Ideen, Urteilen und Eindrücken, die sich auch in | |
einem im sozialen Umgang spröden Menschen (so sieht Herrndorf sich selbst) | |
ansammeln können, und vor allem: über das Glück, am Leben zu sein. | |
Bekannt wurde Herrndorf mit seinem Roman „Tschick“. Bestseller, jubelnde | |
Kritiken, Dramatisierung, ein Film kommt wohl auch bald. Die Geschichte um | |
zwei jugendliche Ausreißer, die im geklauten Lada mit | |
Richard-Claydermann-Kassette durch ein gelegentlich seltsam wirkendes | |
Deutschland fahren, rührte viele Leser und brachte sie zum Lachen. Zugleich | |
braucht das Buch keinen hochkulturellen Vergleich zu scheuen. Mit „Tschick“ | |
war Herrndorf schon im vergangenen Jahr für den Leipziger Buchpreis | |
nominiert. | |
Der Roman „Sand“, für den er den Preis nun erhalten hat, ist das härtere, | |
dunklere Gegenstück zum menschenfreundlichen Buch „Tschick“. Der Preis ist | |
richtig und schön. Weil er selbst von solchen Betriebsetiketten wenig hält, | |
scheut man sich, Wolfgang Herrndorf als großen Gegenwartsautor zu | |
bezeichnen. Aber er ist einer. | |
15 Mar 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.wolfgang-herrndorf.de/ | |
## AUTOREN | |
Dirk Knipphals | |
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