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# taz.de -- Hamburgs Grüne vor Gesprächen mit CDU: Lieber Elbvertiefung als K…
> Aus der Grünen-Führung ist zu hören, dass es für Hamburg einen Fahrplan
> zur Macht mit der CDU gibt. Beim Streitpunkt Elbvertiefung wird ein
> Nachgeben erwogen.
Bild: Mit Scheibchen-Taktik zur Macht: Grünen-Spitzenkandidatin Goetsch und La…
Scheibchenweise wollen die Grünen in Hamburg ihre Basis für eine Koalition
mit der CDU gewinnen. In drei Mitgliederversammlungen sollen erst
Sondierungsgespräche, dann im März Koalitionsverhandlungen und schließlich
eine mögliche Regierung mit der CDU abgesegnet werden. Bürgermeister Ole
von Beust möchte im April einen neuen Senat vorstellen - gerne mit den
Grünen, wie er sagt.
Aus Berlin ist die Vizechefin der Bundestagsfraktion und ehemalige
Hamburger zweite Bürgermeisterin Krista Sager in die Hansestadt gereist.
"Die Grünen müssen da zum Zuge kommen, wo die CDU keine Kompetenzzuweisung
mehr genießt", erklärt sie: Unter anderem bei Bildung, Umwelt, Integration.
Nicht nur gegenüber der CDU, sondern auch gegenüber den Parteimitgliedern,
die sich in allen Umfragen skeptischer gebärden als die Grünenwähler,
werden mögliche Zugeständnisse natürlich erst einmal verborgen. Aus grünen
Führungskreisen ist freilich zu hören, dass es einen grünen Fahrplan zur
Macht gibt.
So haben die Grünen zum Beispiel die Elbvertiefung schon zu rot-grünen
Zeiten Ende der 90er-Jahre mitgemacht. Das Ausbaggern der Elbe für die
Riesen-Containerfrachter wird zwar seit jeher von Ökologen bekämpft. Doch
hegt man nach Informationen der taz bei den Hamburger Grünen die Vermutung,
dass man hier "nicht den Willen der Wählermehrheit" abbildet. Soll heißen:
Daran soll es nicht scheitern.
Das Kohlekraftwerk im Stadtteil Moorburg hat für die Grünen da einen viel
höheren, auch symbolischen Wert. Das geht gar nicht, heißt es im
Strategiezirkel. Das Genehmigungsverfahren, erklärt der Vizeparteichef der
Grünen, Jens Kerstan, "ist stoppbar". Ob aber stattdessen ein anderes
Kraftwerk, ein kleineres Kraftwerk, ein Kraftwerk gar jenseits der
schleswig-holsteinischen Grenze anzupeilen wäre, scheint offen.
Sehr, sehr groß würde zwischen CDU und Grünen der Verhandlungsbedarf in der
Bildung. GAL-Spitzenkandidatin Christa Goetsch hat sich mit der
Gemeinschaftsschule identifiziert. Die Union ist so weit, Haupt- und
Realschule sowie Gesamtschulen zu neuartigen Stadtteilschulen zu
fusionieren. Die Verhandlerkreise erhoffen sich Rückenwind vom
Wählerwillen: Denn so wie sich Bürgermehrheiten gegen das Kraftwerk finden
lassen, hat die CDU durch ihre bisherige Schulpolitik die Eltern gegen sich
aufgebracht.
Auch hier gibt es eine sehr konkrete Kompromisslinie: Würden sich die
Grünen damit durchsetzen, dass erstens einige Grundschulen mit
individueller Förderung nach der vierten Klasse weitermachen und zweitens
die Gymnasien keine Schülerinnen und Schüler hinausdrängen dürfen, dann
könnten sie dies als großen Sieg verkaufen. Ein Kompromiss mit der CDU wäre
auch ein Kompromiss mit den eigenen Leuten und darum vermittelbar. "Unsere
Schulpolitik spaltet ja auch unsere eigene Wählerschaft", sagt eine
Amtsträgerin: Grüne sind ewige Gymnasiasten. Die herben Verluste gerade bei
den Jungwählern verbuchen einige auf dieses Konto - wer seine Schule gerade
hinter sich hat, identifiziert sich vielleicht besonders mit ihr.
Bildungsexpertin Goetsch müsste freilich jeglichen Rückschritt hinter ihr
"Neun macht klug"-Programm als persönliche Niederlage verbuchen. Es gilt in
Grünenkreisen als ausgeschlossen, dass sie überhaupt für etwas anderes als
die Leitung der Schulbehörde in Frage käme.
Ob die Grünen zwei oder drei Senatorenposten bekämen, dürfte sich unter
anderem danach richten, ob die Behördenzuschnitte verändert werden.
Landeschefin Hajduk wäre wohl die zweite Senatorin, ihr wird mehr zugetraut
als Goetsch. Im Bundestag ist sie Finanzexpertin. Gäbe es einen dritten
Senatssessel, "der ginge dann an einen der Männer", wie eine mit ganz
leichtem Spott sagt: Vizeparteichef Kerstan, der mit in die
Koalitionsgespräche gehen soll, oder Umweltrechtler Christian Maaß.
Doch ganz gleich wie ehrgeizig die Kandidaten sind: Bietet die SPD sich Ole
von Beust billiger an, werden die Grünen sich weiter in der Opposition
gedulden müssen. Das, prophezeit Katja Husen, die jetzt aus der
Bürgerschaft ausscheidet, wird schrecklich. Eingeklemmt mit den Linken
zwischen zwei Riesenfraktionen - o nein, sagt Husen: "In der Regierung wird
man wenigstens für das verhauen, was man tatsächlich verbrochen hat."
Den beiden Hamburger Spitzenfrauen Christa Goetsch und Anja Hajduk ist
vollkommen klar, dass vom Gelingen einer schwarz-grünen Koalition in
Hamburg die ganze grüne Zukunft abhängt. Wenn Hamburg klappt, steuern die
Bundesgrünen auf Schwarz-Grün im Bund 2009 zu. Denen, die sich schon als
Minister im nächsten Merkel-Kabinett sehen, ist es dabei herzlich egal, ob
die Elbe fünf Zentimeter mehr oder weniger ausgebaggert wird.
Bis dieser Plan Wirklichkeit werden kann, ist der Weg aber noch weit. Erst
einmal werden die Grünen mit ihrer Basis das Wahlergebnis vom Sonntag
verdauen, das auch am Mittwoch noch nicht vollständig feststand: Statt wie
bisher 17 wird die GAL (Grün-Alternative Liste) künftig 12 oder 13
Abgeordnete ins Rathaus schicken. Das neue Wahlrecht hat die personelle
Aufstellung komplett durcheinandergebracht. Das erleichtert es der
Grünenführung, die Dinge strategisch vorzusortieren.
28 Feb 2008
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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