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# taz.de -- Halberstadt: Prozess wegen Attacke auf Schauspieler
> Der rechtsextremistische Überfall auf eine Theatergruppe in Halberstadt
> wird seit Dienstag verhandelt. Auch gegen die beteiligten Polizisten wird
> ermittelt.
Bild: Von den vier Angeklagten äußerte sich bisher nur einer zum Sachverhalt.
MAGDEBURG taz Seit Dienstag wird in Magdeburg gegen vier junge Männer aus
der rechten Szene verhandelt, die in Halberstadt Schauspieler des
Nordharzer Städtebundtheaters zusammengeschlagen haben sollen. Der Prozess
vor dem Halberstädter Amtsgericht war aus Platzgründen ins Landgericht
Magdeburg verlegt worden. Die Anklage wirft den Männern gefährliche
Körperverletzung, Beleidigung und in einem Fall unerlaubten Waffenbesitz
vor.
Nach einer Premierenfeier sollen sie am 9. Juni die Schauspieler vor einer
Gaststätte mit Schlägen und Tritten traktiert haben, da sie wie Anhänger
der linken Szene aussahen. Die Gesichtsverletzungen der Opfer mussten im
Krankenhaus behandelt werden und hinderten sie teils wochenlang an der
Berufsausübung.
Anwälte der als Nebenkläger auftretenden Schauspieler kritisierten zu
Prozessbeginn den Eröffnungsbeschluss, der nicht von einer
gemeinschaftlichen Tat ausgeht. "Das gibt die Aktenlage nicht her",
rechtfertigte sich der Vorsitzende Richter. Von einem vorsätzlich geplanten
Überfall könne zwar nicht ausgegangen werden, sagte Opfer-Anwältin Undine
Weyers. Unbestritten ist aber, dass sich alle vier Angeklagten und
mindestens sechs weitere noch nicht ermittelte Tatbeteiligte gut kannten.
Die Nebenklage lenkte den Blick sofort auf das Verhalten der Polizei. Nach
Recherchen der Mobilen Opferberatung in Halle nahmen die eintreffenden
Polizisten zwar akribisch Personalien auf, kümmerten sich aber nicht um die
Verletzten und verfolgten die flüchtigen Täter viel zu spät. Alle vier
später Festgenommenen sind vorbestraft. Insbesondere der auf Bewährung
freie Christian W. wurde wieder laufen gelassen. "Jeder Halberstädter
Polizist war schon mindestens einmal in dessen Wohnung", zitiert
Theaterintendant André Bücker eine hochrangige Polizeibeamtin. Erst durch
seine Intervention waren in der Nacht des Überfalls Kriminalpolizei und
Staatsschutz alarmiert worden. In Magdeburg läuft gegen beteiligte
Polizisten ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung und
Strafvereitelung.
In einer von Verteidiger Jens Glaser verlesenen Erklärung äußerte sich W.
als einziger zum Sachverhalt. Der 22-Jährige schilderte eine schwere Jugend
in einer zerrütteten Familie, seine kriminelle Karriere seit dem 14.
Lebensjahr und sein Abdriften in rechtsradikale Kreise. Zugleich beteuerte
er seine Bereitschaft zum Ausstieg aus der Szene und entschuldigte sich bei
den Opfern. Er bestritt jedes politische Motiv. Ausgelöst wurde sein Wandel
zu einer kronzeugenähnlichen Rolle offenbar dadurch, dass er erwischt
wurde, als er versuchte, aus der Haft eine Botschaft zu schmuggeln. Darin
bat er seine Frau, Entlastungszeugen aufzutreiben. Die Staatsanwaltschaft
bestätigte Fragen der Verteidigung, ob W. bei entsprechendem Entgegenkommen
mit einem Strafantrag unter drei Jahren und offenem Vollzug belohnt werden
könne. Zugleich bedauerte sie, dass es in Sachsen-Anhalt kein
Aussteigerprogramm für Fälle wie W. gibt.
Vorerst sind bis Ende Januar 16 Verhandlungstermine angesetzt.
10 Oct 2007
## AUTOREN
Michael Bartsch
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