# taz.de -- Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten: Der Schlächter von Darfur | |
> Nach dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Sudans | |
> Präsidenten al-Bashir werden Hilfsorganisationen ausgewiesen. China | |
> fordert, den Haftbefehl zurückzunehmen. | |
Bild: Verdacht auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Präsident al-Baschir. | |
BERLIN taz/ap/dpa Omar Hassan al-Bashir soll vor Gericht. Der | |
Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) hat am Mittwoch | |
Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen | |
gegen die Menschlichkeit in der westsudanesischen Region Darfur | |
ausgestellt. Er gab damit in weiten Teilen einem Antrag des Chefanklägers | |
Luis Moreno-Ocampo vom vergangenen Juli statt. Mit einer wichtigen | |
Ausnahme: Der Anklagepunkt des Völkermordes wird fallengelassen. | |
Es gebe keine ausreichenden Beweise dafür, dass Sudans Regierung bei ihrem | |
Krieg gegen Rebellen in Darfur eine "spezifische Intention zur kompletten | |
und teilweisen Zerstörung der Volksgruppen der Fur, Massalit und Zaghawa" | |
gehegt habe, so Gerichtssprecherin Laurence Blairon bei der Verlesung des | |
Beschlusses der Ersten Strafkammer. Dieser Vorwurf, der die juristische | |
Definition von Völkermord darstellt, war aber das zentrale Element der | |
Anklageschrift Moreno-Ocampos vom 14. Juli 2008 gewesen. | |
Von zehn Anklagepunkten hält das Gericht jetzt noch sieben aufrecht - aber | |
die haben es in sich: Mord, Auslöschung, Zwangsumsiedlung, Folter, | |
Vergewaltigung, Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Plünderung. Bashir | |
werde beschuldigt, "Angriffe gegen einen erheblichen Teil der | |
Zivilbevölkerung von Sudan bewusst angeführt zu haben", heißt es. Und, für | |
ein mögliches Verfahren vermutlich am wichtigsten: "Er kontrollierte alle | |
Zweige des Staatsapparates im Sudan." Damit widersprechen die Richter | |
Mutmaßungen, wonach Kriegsverbrechen womöglich von unabhängig agierenden | |
Sicherheitskräften oder Milizen begangen wurden. Bashir, so nun Den Haag, | |
sei "als indirekter Täter strafrechtlich verantwortlich". Auch sein Status | |
als Präsident gewähre ihm keine Immunität. | |
Der Haftbefehl hat international ein geteiltes Echo gefunden. Die | |
Entscheidung des IStGH wurde nicht nur im Sudan verurteilt. Auch China, | |
dass zwei Drittel der sudanesischen Ölexporte kauft, forderte, den | |
Strafbefehl wieder zurückzunehmen. Er helfe nicht bei der Stabilisierung | |
der Krisenregion Darfur, hieß es in Peking. | |
Südafrika hat den Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten Omar al-Baschir wegen | |
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit "bedauert". In | |
einer Erklärung betonte Außenministerin Nkosazana Dlamini-Zuma am | |
Donnerstag: "Südafrika stimmt vor dem Hintergrund der Entscheidung des | |
IStGH mit der ursprünglichen Reaktion der Afrikanischen Union (AU) überein, | |
dass die Entscheidung bedauerlich ist, weil sie den aktuellen | |
Friedensprozess im Sudan negativ beeinflussen wird." Ihre Regierung habe | |
die AU-Haltung unterstützt, die eine einjährige Verschiebung der | |
Ermittlungen empfohlen habe. | |
Nach Bekanntwerden des Haftbefehls verfügte der Sudan die Ausweisung von | |
mindestens zehn Hilfsorganisationen aus Teilen des Landes. Das teilten die | |
Vereinten Nationen am Mittwoch in New York mit. | |
Mit dem Haftbefehl gegen Bashir betritt der Internationale Strafgerichtshof | |
juristisches Neuland. Bisher ist er nur gegen solche Personen vorgegangen, | |
die auch schon von der eigenen Regierung der ihnen zu Last gelegten | |
Verbrechen verantwortlich gemacht wurden und deren Regierungen den | |
Gerichtshof anerkennen. | |
Über eigene Zwangsmittel zur Vollstreckung von Haftbefehlen verfügt der | |
Strafgerichtshof nicht. Die Möglichkeit, dass beispielsweise Darfurs | |
Rebellen oder die UN-Blauhelme im Sudan jetzt Bashir festnehmen, wies der | |
Gerichtshof indirekt zurück: "Nur Staaten haben die Macht und die Befugnis, | |
Verdächtige festzunehmen und zu übergeben." Das wird aber wohl niemand tun. | |
Keine Regierung rief zur Vollstreckung des Haftbefehls auf. | |
So kann Den Haag als nächstes höchstens die Nichtkooperation Khartums | |
feststellen und darüber dem UN-Sicherheitsrat Bericht erstatten; dieser | |
muss dann über mögliche Zwangsmaßnahmen entscheiden. Da die | |
Darfur-Ermittlungen nur durch ein Votum des UN-Sicherheitsrates überhaupt | |
erst möglich wurden, hat der Sicherheitsrat aber auch die Kompetenz, das | |
Verfahren zu suspendieren. Nicht vor Gericht in Den Haag, sondern bei der | |
UN-Zentrale in New York wird nun also die Aufarbeitung des Krieges in | |
Darfur fortgesetzt. | |
4 Mar 2009 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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