# taz.de -- Friedensnobelpreis geht an Barack Obama: Fürs Versprechen ausgezei… | |
> US-Präsident Barack Obama bekommt den Friedensnobelpreis. Doch unklar ist | |
> wofür. Bis jetzt konnte er weder konkrete Ergebnisse vorzeigen, noch hat | |
> er sich als Pazifist bekannt. | |
Bild: Steht für den Wechsel und die Hoffnung: Barack Obama. | |
WASHINGTON taz | Die Nachricht aus Europa traf selbst die Obamas aus | |
heiterem Himmel. Er war nicht einmal unter den Favoriten für den | |
Friedenspreis gewesen. Doch um kurz nach Fünf in der Frühe, als Washington | |
noch in tiefer Dunkelheit lag, klingelte das Telefon im Weißen Haus: | |
Amerikas erster afro-amerikanischer Präsident, kein Jahr im Amt, erfuhr, | |
dass er den Friedensnobelpreis erhält. | |
"Wofür?", kommentierte nicht nur verblüfft der stellvertretende | |
Chefredakteur des konservativen Wall Street Journals und nannte die | |
Entscheidung des Osloer Komitees "bizarr". Wo, fragte er, habe Obama | |
bislang konkret etwas für den Frieden getan? Und auch der Moderator des | |
Fernsehsenders CNN schien ratlos, als er Nobelpreis-Komiteechef Thorbjörn | |
Jagland fragte: "Aber kommt die Auszeichnung nicht etwas früh?" | |
Sprachlosigkeit herrschte auch im Weißen Haus. Rund zwei Stunden nach der | |
Verkündung kursierte ledigich eine Email durch die Medien, die | |
Regierungssprecher Robert Gibbs an den Fernsehsender CBS geschickt hat. Sie | |
bestand nur aus einem Wort: "Wow!" | |
Das fasste die Reaktion zahlreicher bloggender US-Bürger zusammen, die | |
völlig aus dem Häuschen waren, dass Obama nach Theodore Roosevelt (1906) | |
und Woodrow Wilson (1919) der dritte amtierende US-Präsident ist, der die | |
hohe Auszeichnung aus Oslo trägt. "Eine Überraschung, aber ein großer Tag | |
für Amerika", meinte der Publizist John Avlon. Doch auf den Punkt brachte | |
es CNN-Starreporterin Christiane Amanpour: Die Auszeichnung sei die | |
"Anerkennung für seine Versprechen". | |
Und davon hat der mit seinen 48 Jahren junge Präsident des mächtigsten | |
Landes der Welt genug gemacht: Angefangen von der Schließung Guantanamos | |
über die Einführung der Gesundheitsreform und Rettung des Weltklimas sowie | |
den Ausweg aus der Rezession bis hin zum Ende des Kriegs im Irak. Dabei hat | |
der Friedensnobelpreisträger niemals behauptet, dass er Pazifist ist. Im | |
Gegenteil - Obama hat den Krieg in Afghanistan zu seinem Krieg erklärt: den | |
eigentlichen Krieg gegen den Terrorismus. | |
Doch angefangen am Hindukusch, wo die Frage um die richtige Strategie | |
derzeit sein Regierungsteam spaltet, über Guantanamo, das nun doch nicht | |
fristgerecht geschlossen wird bis hin zum landesweiten Streit um die | |
Gesundheitsreform, die nicht nur selber brach liegt, sondern auch noch | |
andere Gesetzesvorhaben wie das zum Klimaschutz lähmt - Obama hat nach | |
Einwänden seiner Kritiker bis heute eigentlich keines seiner Versprechen | |
gehalten. Auf viele wirkt er wie ein Marathonläufer mit einer Spitzhacke, | |
der auf seinem Weg eine offene Baustelle nach der anderen hinterlässt. | |
Doch für das Nobelpreis-Komitee reichte die Botschaft, die Obama vor | |
Millionen jubelnden Amerikanern und der der staunenden Welt seit Anfang des | |
Jahres verkündet: Es gibt kein schwarzes und kein weißes Amerika, kein | |
republikanisches und kein demokratisches. Es gibt nur ein vereintes Amerika | |
– und das ist bereit mit jedem zu reden der es möchte – wenn es denn dem | |
Frieden dient. | |
Obama versprach bei einem spektakulären Auftritt in Kairo der islamischen | |
Welt einen Neuanfang in den Beziehungen, er versucht den | |
Nahost-Friedensprozess wieder in Gang zu bringen, warb in Prag für seine | |
Vision einer atomwaffenfreien Welt und verkündete zur Freude Moskaus und | |
der meisten Westeuropäern den Verzicht auf das noch von Bush geplante | |
Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien. | |
Nach acht Jahren der Regierung von George W. Bush, die am Ende selbst die | |
meisten US-Amerikaner als verheerend empfanden, beeindruckte Obama die Welt | |
mit seinem Verspechen auf "Change" und "Hope". Er wurde nicht nur zum | |
Hoffnungsträger sondern zum Popstar, der nach Meinung seiner Kritiker in | |
der ganzen Welt viele Vorschusslorbeeren für eine Politik bekommen hat, die | |
in großen Teilen nicht mehr als eine Absichtserklärung ist. | |
Doch gerade darum könnte Obama der ehrenvolle Preis jetzt zum Nachteil | |
gereichen, meint etwa der schwedische Friedensforscher Kristian Harpviken: | |
"Daheim dürften die Kritiker des Präsidenten den Preis als unangemessene | |
Einmischung von außen in die US-Innenpolitik ausnutzen." Obama brauche eher | |
konkrete politische Erfolge anstatt Auszeichnungen, kommentierten auch | |
andere Kritiker. Seine Vorgänger Roosevelt und Wilson hätten bereits | |
"bedeutsame Ergebnisse in ihrem Amt errungen als sie die Preise bekamen", | |
bemerkte der amerikanische Historiker Robert Dallek im öffentlichen | |
Radiosender NPR. Dies sei bei Obama nicht der Fall. | |
Doch Komiteechef Jagland wischte all diese Stimmen mit dem trotzigen | |
Hinweis auf ähnlich "frühzeitige" Vergaben beiseite: 1971 sei Willy Brandt | |
für dessen Ostpolitik und 1990 Michail Gorbatschow bei der Perestroika | |
ausgezeichnet worden, als der Ausgang dieser politischen Projekte noch | |
völlig offen war. Und die Landsfrau von Obamas kenianischem Vater und | |
Friedensnobelpreisträgerin Wangare Maathai, erklärte: "Alles, was er in | |
seiner Zeit als Präsident angepackt hat, und wie sich das internationale | |
Klima durch ihn verändert hat, ist schon mehr als Grund, ihm dem | |
Friedensnobelpreis zu verleihen." | |
9 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Interner Streit im Nobelkomitee: Mehrheit war gegen Obama-Ehrung | |
Drei der fünf Komiteemitglieder sollen zunächst gegen den | |
Friedensnobelpreis für Obama gewesen sein. Alle Mitglieder verteidigen aber | |
einstimmig die Entscheidung. | |
Kommentar Nobelpreisträger Obama: Das falsche Signal | |
Der Friedensnobelpreis zeigt erneut, dass sich das Nobelkomitee in die | |
Politik einmischen will. Obama selbst wird er wenig nützen. | |
Nobelpreiskommittee in der Kritik: "Ohrfeige für die Friedensbewegung" | |
Der Friedensnobelpreis für Barack Obama wurde nicht überall erfreut | |
kommentiert. Die US-Friedensaktivistin Cindy Sheehan kritisiert die | |
Entscheidung offen. |