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# taz.de -- FC Barcelonas Expräsident: Im Selbstbedienungsladen
> Der ehemalige Präsident des ruhmreichen FC Barcelona, Joan Laporta, muss
> vor Gericht. Er hat wohl etliche Vereinsmilliönchen in die eigene Tasche
> gesteckt.
Bild: Krawattenmann Laporta darf hier noch nach dem Meisterschaftsgewinn 2009/2…
Vor dem Sommer war Joan Laporta der Superstar schlechthin im
nordostspanischen Katalonien. In seiner Amtszeit als Präsident des FC
Barcelona von 2003 bis Juni 2010 hat der Club alles gewonnen, was es zu
gewinnen gibt: darunter zweimal die Champions League. Laporta ließ sich zu
Ende seiner Amtszeit feiern wie kein Präsident vor ihm. Getragen von der
Welle der Sympathie entschloss er sich gar, am kommenden 28. November als
Spitzenkandidat einer kleinen nationalistischen Formation bei den
Autonomiewahlen in Katalonien anzutreten.
Doch seit Samstag, nur 108 Tage nach Ende seiner Amtszeit, sieht alles
anders aus. Die Wahlleute auf der Vereinsversammlung des FC Barcelona
stimmten mit 468 gegen 439 Stimmen bei 113 Enthaltungen dafür, Laporta
wegen schwerer Unstimmigkeiten in den Büchern des Clubs vor Gericht zu
bringen. Der Ex hat nicht nur die Vereinsvitrine um zahlreiche Pokale
bereichert, er habe auch selbst auf Kosten des Vereins gelebt. Statt den
von ihm ausgewiesenen 11,1 Millionen Euro Gewinn im vergangenen
Geschäftsjahr erbrachte eine unabhängige Buchprüfung des neuen Vorstands
unter Sandro Rosell 79,6 Millionen Schulden. Die Ausgaben sind um 20
Prozent gestiegen, die Einnahmen jedoch nur um 11 Prozent. Insgesamt steht
der Club jetzt mit 400 Millionen Euro in der Kreide.
Als "Kultur der Verschwendung" bezeichnete Rosell, der sich bei der
Abstimmung enthielt, die Geschäftspolitik seines Vorgängers. Der Prüfer
bestätigte dies und legte in seiner 44 Minuten langen Rede die seltsamen
Geschäftsgebaren Joan Laportas offen. "Nicht zu rechtfertigende und nicht
genügend dokumentierte Ausgaben", so das Fazit. Folglich habe der Club
unter Laportas Ägide Spieler unter Vertrag genommen und dabei völlig
überhöhte Summen an deren Manager ausbezahlt. Der Vertreter des kroatischen
Stürmers Ibrahimovic steckte 8 Millionen Euro ein.
Doch was die 1.200 Wahlleute am meisten schockierte, waren die kleineren
Posten. Der Vorstand unter Laporta gab 5 Millionen Euro "in nicht
sportlichen Reisen" aus. Die Visakarte des Leibwächters Laportas weist
318.000 Euro - unter anderem für Nachtclubs, Restaurant und Parfüm - aus.
Für 53.000 Euro liegen nicht einmal Rechnungen vor. Laporta und seine
Vorstandskollegen kassierten Zehntausende von Euros für Luxushotels, ohne
die Rechnung abzuliefern. 362.000 Euro kosteten sieben Flüge Laportas in
einem Privatjet, mehr als eine halbe Million Euro das Essen und Trinken bei
den Heimspielen auf der Präsidententribüne.
Laporta ließ über den Verein 1.518 Eintrittskarten im Wert von 631.000 Euro
kaufen für das Endspiel der Champions League FC Barcelona gegen Manchester
United 2009 in Rom. Die Karten waren nicht für die Fans, sondern "für den
internen Gebrauch". Aus dem gleichen Grund erstand der Barça-Vorstand 1.644
Eintrittskarten für ein U2-Konzert im Stadion des FC Barcelona. Was mit den
Tickets passierte, ist unklar.
"Ich weiß nicht, ob sie Geld eingesteckt haben. Aber was ich sehr wohl
weiß, es gibt Ausgaben in Millionenhöhe ohne Belege", erklärt Kassenwart
Javier Faus. Bei zwei Sonderposten lässt sich sehr wohl sagen, dass sie
nicht dem Club, sondern Laporta selbst zugutekamen. So schloss Laporta nur
wenige Monate vor Ende seiner Amtszeit eine Versicherung ab, die
zivilrechtliche Folgen aus "Pflichtverletzungen, Ungenauigkeiten, Fehler
sowie falsche und betrügerische Erklärungen" bis 2016 deckt. Außerdem
zahlte der Expräsident 3 Millionen Euro an Privatdetektive. Laporta ließ
mögliche Nachfolger beim FC Barcelona, unliebsame Vorstandsmitglieder und
kritische Journalisten bespitzeln - unter ihnen der heutige
Vereinspräsident Sandro Rosell.
17 Oct 2010
## AUTOREN
Reiner Wandler
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