| # taz.de -- Elektronische Gesundheitskarte: Die große Daten-Schieberei | |
| > Die Krankenkassen geben für die elektronische Gesundheitskarte Daten von | |
| > Millionen Versicherten an Privatfirmen weiter. Manche hat einen | |
| > zweifelhaften Ruf. | |
| Bild: Auf dieser Karte ist nichts sicher. | |
| Krankenversicherungen haben für die Einführung der elektronischen | |
| Gesundheitskarte Millionen Versichertendaten an private Firmen | |
| weitergegeben. Das bestätigten mehrere Kassen der taz. Dieses Vorgehen ist | |
| legitim - doch die beauftragten Firmen haben teilweise einen zweifelhaften | |
| Ruf. | |
| Die elektronische Gesundheitskarte soll die jetzige Krankenkassenkarte | |
| ablösen und bis Ende des Jahres in ganz Deutschland als Standard für alle | |
| Versicherten eingeführt werden. Datenschützer kritisierten die Karte immer | |
| wieder wegen der technischen Möglichkeit, viele sensible Daten zu | |
| speichern. | |
| Auch wenn die Karte nach den Planungen nur die Informationen bereitstellen | |
| soll, die auch althergebrachte Karten enthalten, gelangen diese in ganz | |
| neue Hände: So gab die Techniker Krankenkasse (TK) Daten ihrer rund 7,3 | |
| Millionen Versicherten an gleich drei Unternehmen weiter: den | |
| Kartenproduzenten Sagem Orga, den Passbilddienstleister PAV Card und die | |
| Essener IT-Firma Atos Origin. | |
| Das Unternehmen Atos Worldline, das zur Atos Origin Gruppe gehört, geriet | |
| im Dezember 2008 in die Schlagzeilen, weil von der IT-Firma beauftragte | |
| Kuriere der Frankfurter Rundschau ein Päckchen mit zehntausenden | |
| Kreditkartendaten geliefert hatten, um den Diebstahl eines | |
| Weihnachtsstollens zu vertuschen. | |
| Auch der Zertifikatshersteller D-Trust, eine 100-prozentige Tochter der | |
| Bundesdruckerei, die unter anderem für das Innenministerium tätig ist, | |
| erhielt die Versichertenstammdaten der TK-Versicherten. Dabei handelt es | |
| sich um folgende Angaben: Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht, | |
| Anschrift, Versichertennummer und -status, Zuzahlungsstatus und der Tag des | |
| Beginns des Versicherungsschutzes. Die TK erlaubt den Firmen PAV Card und | |
| Sagem Orga zudem, drei Unterauftragnehmer einzubinden, verschweigt jedoch | |
| deren Namen. | |
| Diverse Kassen bestätigen auf taz-Anfrage ein ähnliches Vorgehen. Die | |
| Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) gab Daten ihrer 6 Millionen | |
| DAK-Versicherten, die über 15 Jahre alt sind, an Privatfirmen weiter, | |
| ebenso die Barmer oder die Gmünder Ersatzkasse, die mit der Barmer zur | |
| größten deutschen Krankenkasse fusionieren wird. | |
| Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC), kritisiert: | |
| "Dass nun die sensiblen Patientendaten hinter dem Rücken der Kassenkunden | |
| an fragwürdige Dienstleister weitergegeben werden, ist nur ein weiterer | |
| Grund für die neue Regierung, das von allen Seiten kritisierte Projekt | |
| elektronische Gesundheitskarte abzublasen." | |
| Das Vorgehen der Kassen ist juristisch gedeckt: Nach dem 10. | |
| Sozialgesetzbuch dürfen sie Daten ihrer Versicherten ohne deren Wissen an | |
| externe Dienstleister weitergeben, sofern sich dies im Rahmen der | |
| Abwicklung des Versicherungsverhältnisses bewegt. | |
| Der Bundesdatenschutzbeauftragte sieht entsprechend kein Problem. Der | |
| Versicherte könne "bei Bedarf darüber bei seiner Krankenkasse Auskunft | |
| erhalten", sagt sein Sprecher Dietmar Müller. | |
| 12 Jan 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Marvin Oppong | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
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