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# taz.de -- Ein Jahr nach G-8: Der Reinfall von Heiligendamm
> Beim G-8-Gipfel 2007 versprachen die Mächtigen der Welt viel für Klima
> und Entwicklungshilfe - und hielten wenig. Nachsitzen heißt es beim
> Folgegipfel auf Hokkaido.
Bild: Damals galt es als Erfolg, dass Merkel George W. Bush in den Strandkorb g…
Vier Männer zur Rechten, vier Männer zur Linken - dieses Bild ging um die
Welt: Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ sich vor einem Jahr im Strandkorb
mit den mächtigsten Staats- und Regierungschefs der Welt ablichten. Einen
"Aufbruch in der Klimapolitik" sollte das damalige Treffen der G 8 bringen.
Die Gruppe der wichtigsten Industriestaaten und Russlands redete darüber,
den Kohlendioxidausstoß bis 2050 zu halbieren. Zudem vereinbarte man ein
neues Programm gegen Armut.
Medien und Fachwelt seufzten erleichtert. "Ostdeutsche rettet die Welt",
lautete das Bonmot.
Und heute, ein Jahr später? Ist die Welt ein Jahr später gerecht geworden?
Schon der Weltklimagipfel auf Bali war ein klarer Rückfall hinter
Heiligendamm: Auf der indonesischen Touristeninsel hatte die Diplomatie im
Dezember darüber verhandelt, ob man verhandeln solle, mit Verhandlungen zu
beginnen. US-Präsident George W. Bush hatte noch in Heiligendamm erklärt,
er habe den "starken Wunsch" eine "Nach-Kioto-Einigung" zu erreichen. Seine
Emissärin auf Bali aber bewegte das kein bisschen. Erst als Delegierte aus
Südafrika, Costa Rica, Niger die Weltmacht an den Pranger stellte - "Sie
sind kein Vorreiter! Gehen Sie aus dem Weg!" -, lenkte Delegationsleiterin
Paula Dobriansky ein.
Der US-Senat hat an diesem Montag eine Debatte über den Klimaschutz
begonnen. Die Parlamentskammer setzte mit 74 zu 14 Stimmen eine
Gesetzesvorlage auf die Tagesordnung, nach der die USA ihre
Treibhausgasemissionen binnen der nächsten 40 Jahre um zwei Drittel senken
müssen. Geschafft werden soll dies durch Vorgaben für Raffinerien,
Kraftwerke und Verkehrsmittel. Eine Sprecherin des Weißen Hauses erklärte
jedoch, dass Präsident Bush sein Veto einlegen werde - ein Veto immerhin
dagegen, dass sein Heiligendammer Klimaversprechen amerikanisches Gesetz
werden könnte.
Wenigstens Angela Merkel hat ihre Versprechen versucht einzuhalten - ein
bisschen jedenfalls. Im Bundestag werden am heutigen Freitag die ersten
drei Klimaschutzgesetze verabschiedet, die diese Regierung überhaupt
zustande gebracht hat. Zur Weltenrettung taugen sie kaum. "Die 750
Millionen Euro Fördermittel pro Jahr reichen bei Weitem nicht aus, um bis
2020 den Stromanteil aus Kraft-Wärme-Kopplung auf ein Viertel anzuheben",
kritisiert etwa Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND.
Geht denn wenigstens im Osten ein Jahr nach Heiligendamm die Sonne auf?
Japans Ministerpräsident Jasuo Fukuda, bald Vorsitzender des G-8-Prozesses,
hatte erklärt, man werde den Klimaschutz zum zentralen Thema der
japanischen Präsidentschaft machen (siehe Kasten). Im März hatten sich die
20 größten Klimasünder im Tokioter Vorort Makuhari getroffen, um
Lösungsansätze vorzubereiten. Japan, das als Staat kaum noch Chancen hat,
sein Kioto-Ziel zu erreichen, schlug ein "Prinzip der gemeinsamen, aber
differenzierten Verantwortung" vor: Nicht einzelne Staaten sollen
Reduktionsziele erreichen, sondern einzelne Industriezweige.
Wenn die wichtigsten Industrienationen und Russland sich auf der
japanischen Insel Hokkaido treffen, stehen auch große
entwicklungspolitische Vorhaben auf der Agenda. Was 2007 in Heiligendamm
verabredet wurde, ist heute kaum noch präsent: die jährliche stetige
Erhöhung der Entwicklungshilfe um 50 Milliarden US-Dollar bis 2010. Die
Hälfte davon soll nach Afrika fließen - eine Verdoppelung der Hilfe für den
Kontinent. Im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria wollen die G 8 in
den kommenden Jahren 60 Milliarden Dollar bereitstellen.
Was gut klingt, kommt jedoch lange nicht der Wirklichkeit nahe. "Die
aktuellen Zahlen bleiben erheblich hinter den Versprechungen zurück", sagt
Claudia Warning, Vorsitzende des Verbands Entwicklungspolitik deutscher
Nichtregierungsorganisationen. Die internationale Entwicklungshilfe ging
2007 zum zweiten Mal in Folge zurück.
Auch der Bundesregierung dürfte es schwer fallen, ihre Versprechen
einzuhalten. Zwar liegt Deutschland laut OECD-Zahlen nach den USA mit 12,3
Milliarden US-Dollar an Entwicklungsausgaben quantitativ weit vorn. Bis
2015 soll der Anteil der Hilfe, so will es ein EU-Stufenplan, auf 0,7
Prozent angehoben werden. Der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe
betrug 2007 aber nur 0,37 Prozent des Bruttonationaleinkommens. (mit epd)
5 Jun 2008
## AUTOREN
Nick Reimer
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