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# taz.de -- Die anonymen Lebensretter von Aleppo
> Doku Feras Fayyad und Steen Johannessen beobachteten die „White Helmets“
> im syrischen Bürgerkrieg
In die schwermütige Musik zum Vorspann mischt sich das Dröhnen der
russischen Kampfjets. „Herrliche Kondensstreifen“, sagen die Syrer und
lauern zugleich ängstlich, wo die todbringenden Geschosse einschlagen. Nach
den Einschlägen bahnt sich ein ausrangiertes deutsches Feuerwehrauto seinen
Weg durch Trümmerlandschaften zu den zerstörten Häusern.
In ihm sitzen – immer in der Gefahr, auch selbst getroffen zu werden – die
Retter, die sogenannten White Helmets. Sie identifiziert ein blaugelbes
Emblem, das sie auf der Jacke tragen. Manchmal geschehen Wunder, und sie
können Kinder und Mütter lebend aus den Trümmern ziehen. Manchmal aber
bergen sie nur Leichenteile, um wenigstens ein Begräbnis zu ermöglichen.
Die Bewohner Aleppos fragen verzweifelt: „Wo sind die Araber? Wo ist die
Welt?“ Hilfe kommt hier nur durch Selbsthilfe. Diesen White Helmets, den
„letzten Männern von Aleppo“, ist der Zweistundenfilm gewidmet, der heute
in die Kinos kommt. Der junge syrische Journalist und Filmemacher Feras
Fayyad und sein dänischer Partner Steen Johannessen haben deren Arbeit
unter schwierigsten Bedingungen dokumentiert. Die Filmdramaturgie, die
einzelne Schicksale begleitet, lässt ihn sogar oft wie einen Spielfilm
erscheinen.
Die Helden sind teils noch Studenten, teils Familienväter wie Khaled, den
man einfach lieb gewinnen muss. Er versucht ein normales Familienleben zu
führen, pflegt mit seinem Aquarium im ramponierten Haus einen Rest von
Hoffnung und heiler Welt. So, wie sich in das Elend von Aleppo auch
Hochzeitsbilder und scheinbar alltägliches Markttreiben mischen. Im August
2016 starb Khaled bei einem Einsatz.
„Die letzten Männer von Aleppo“ ist nicht der erste Film über den syrisch…
Krieg. Eine 40-Minuten-Doku ist sogar für den Oscar nominiert. Aber bei der
Dresdner Premiere konnte sich niemand seiner erschütternden und enorm
suggestiven Wirkung entziehen.
Leidenschaftlich und zugleich naiv wurde beim Publikumsgespräch verlangt,
diesen Film den politisch Verantwortlichen zwangsweise vorzuführen. Feras
Fayyad, der selber zweimal in Assad-Gefängnissen saß und gefoltert wurde,
setzt nach eigenen Worten auch bewusst auf Affekte und Emotionen.
Zusammenhänge, Hintergründe und Stellvertreteraspekte dieses Bürgerkriegs
erhellt er nicht. Rebellen oder gar IS-Sympathisanten, gegen die sich die
russischen Angriffe angeblich richten, sieht man nicht. Aber gerade die
geschilderten Leiden der Zivilbevölkerung wirken wie eine stille Anklage
gegen Putin und Assad.
Michael Bartsch
„Die letzten Männer von Aleppo“. Regie: Feras Fayyad, Steen Johannessen.
Dänemark 2016, 110 Min.
17 Mar 2017
## AUTOREN
Michael Bartsch
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