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# taz.de -- Christian Wulffs Öffentlichkeitsarbeit: Das präsidiale Stückwerk
> Informiert der Bundespräsident nur scheibchenweise? SPD und Grüne sagen
> ja - und fühlen sich an zu Guttenberg erinnert. Wulffs Anwalt weist den
> Vorwurf zurück.
Bild: Noch gibt es kein klares Bild vom Bundespräsidenten.
BERLIN taz | Christian Wulff war im politischen Kampf nie ein Kind von
Traurigkeit. Als Johannes Rau im Jahr 2000 in die Kritik geriet, weil er
sich Flüge von der Westdeutschen Landesbank bezahlen ließ, war Wulff einer
der Ersten, die den damaligen Präsidenten zum Rücktritt aufforderten.
Die SPD solle Rau zurückziehen, tönte Wulff - damals CDU-Landeschef in
Niedersachsen. "Ich leide physisch darunter, dass wir keinen unbefangenen
Bundespräsidenten haben."
In eigener Sache geht Wulff behutsamer vor. Anstatt in der Kreditaffäre
ausführlich alle Vorwürfe zu widerlegen und Fakten offenzulegen, lässt er
scheibchenweise informieren. Die Anwaltskanzlei, die er mit seiner
öffentlichen Verteidigung beauftragt hat, gibt täglich neue Erklärungen ab.
Und liefert oft erst Antworten, wenn Medien sie mit Details konfrontieren.
Die Opposition macht bereits eine Salami-Taktik aus - und kritisiert
inzwischen die Verteidigung stärker als die eigentlichen Vorwürfe.
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte am Mittwoch: "Dieses scheibchenweise
Informieren halte ich zumindest für problematisch." Im Landtag
Niedersachsen säßen Leute, die sich noch genau daran erinnerten, wie Wulff
damals mit Fragen zu seiner Person umgegangen sei. "Vor allem dort warten
viele darauf, dass er sich endlich erklärt", so Özdemir. "Doch er schweigt
und lässt über Anwälte jeden Tag neue Erklärungen verbreiten."
SPD-Innenexperte Sebastian Edathy zog im Deutschlandfunk den Vergleich mit
der Plagiatsaffäre des Exverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg.
Wulff gebe nur das zu, was man ihm nachweisen könne.
## Stammt das Geld von ihr oder ihm?
Wulff wird von dem Presserechtler Gernot Lehr verteidigt. Der renommierte
Profi beriet schon Johannes Rau bei seiner Affäre. Lehr organisierte, dass
Journalisten diese Woche Einsicht in Akten wie den Kaufvertrag für das Haus
der Wulffs oder den Kreditvertrag zwischen den Wulffs und Edith Geerkens
nehmen konnten. Im Minutentakt beantwortet Lehr derzeit
Journalistenanfragen am Telefon.
Gestern bestätigte er, dass Egon Geerkens, Unternehmer und ein alter Freund
der Wulffs, bei der Suche nach einem Haus für das Paar eingebunden war -
"aufgrund seines besonderen Sachverstands und der freundschaftlichen
Beziehungen". Die Initiative für ein Privatdarlehen von 500.000 Euro sei
von Edith Geerkens ausgegangen, sie habe auch das Darlehen gewährt. Aber:
"Die Modalitäten wurden gemeinsam besprochen."
Genau diese Frage ist brisant. Der aktuelle Spiegel legt mit einer
Recherche nahe, dass das Geld in Wirklichkeit von Herrn Geerkens stammt.
Wenn das so wäre, hätte Wulff vor dem niedersächsischen Landtag gelogen.
Wulffs Anwalt bleibt mit der jüngsten Stellungnahme dabei, dass die Ehefrau
den Kredit gewährte - liefert aber verspätet eine relevante
Zusatzinformation.
## Für keinen der Urlaube bezahlt
Ähnlich lief es bei den Urlauben des Präsidenten. Am Wochenende fragten
Medien bei Lehr nach einem Erholungsaufenthalt des Paares Wulff im Haus
eines Unternehmerfreundes. Daraufhin veröffentlichte die Kanzlei eine Liste
mit sechs Urlauben, einen hatten sie etwa im Haus des Versicherungsmanagers
Wolf-Dieter Baumgartl verbracht. Was nach Vorwärtsverteidigung aussah, war
unvollständig, denn eine Info fehlte in der Mitteilung: Wulff hatte, schob
Lehr später nach, für keinen der Urlaube bezahlt.
Der Rechtsanwalt wies den Vorwurf der unvollständigen Information zurück.
"Die Unterstellung, wir würden scheibchenweise informieren, ist Unfug. Wir
agieren transparent und legen Sachverhalte sofort komplett offen." Doch
dass sich diese rein juristische Linie durchhalten lässt, ist
unwahrscheinlich.
Die Rufe nach einer weiteren Erklärung Wulffs werden lauter. Er habe selbst
"in moralischen Fragen die Latte sehr hoch gelegt", sagte Özdemir. "Und
daran wird er jetzt gemessen."
21 Dec 2011
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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