| # taz.de -- Brandenburg verlegt Deich: Happy End am "bösen Ort" | |
| > In Lenzen an der Elbe feiert Brandenburg sein erstes und einziges Projekt | |
| > einer Deichrückverlegung. Nicht alle finden das gut. | |
| Bild: Ausflugsdampfer auf der Elbe | |
| Der "böse Ort" ist auf kaum einer Karte markiert, doch jeder kennt ihn in | |
| Lenzen. Denn so heißt jene Stelle, an der die Elbe einen Knick um 90 Grad | |
| macht. Als auf dem Fluss noch Schiffe fuhren, war das eine Herausforderung. | |
| Hinzu kam, dass die Wassermassen bei Hochwasser ganz besonders auf die | |
| Deiche drückten. | |
| Das ist nun Vergangenheit. Mit großem Pomp und Trara feierte Brandenburg am | |
| Mittwoch ein Naturschutzgroßprojekt, das einzigartig ist in der Mark. Für | |
| 4,5 Millionen Euro wurde hinter dem alten Deich ein neuer gebaut. | |
| Gleichzeitig wurde der alte Deich an mehreren Stellen aufgeschlitzt. | |
| Rückverlegung nennen das die Naturschützer. Wenn die Elbe wieder einmal mit | |
| Hochwasser auf Lenzen rauscht, stehen nun zusätzliche 420 Hektar an | |
| natürlicher Überflutungsfläche zur Verfügung. | |
| Den Flüssen mehr Raum lassen, das stand in Brandenburg spätestens seit dem | |
| Oderhochwasser von 1997 auf der Tagesordnung. Selbst der Abriss der | |
| gefluteten Ernst-Thälmann-Siedlung in der Ziltendorfer Niederung südlich | |
| von Frankfurt (Oder) war kein Tabu. In diese Zeit fielen auch die Planungen | |
| für zahlreiche Deichrückverlegungen. Auch in Rühstädt sollte der Elbe mehr | |
| Platz gegeben werden. | |
| Doch über zehn Jahre nach dem Hochwasser fällt die Bilanz von Stefan | |
| Gunkel, Gewässerspezialist des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), | |
| ernüchternd aus. "Oft ist der Druck der Landwirte stärker als das Interesse | |
| eines überregionalen Hochwasserschutzes", ärgert er sich. Auch die | |
| Deichrückverlegung in Rühstädt fiel dem Protest der Bauern zum Opfer. Dabei | |
| habe gerade Lenzen gezeigt, dass die Landwirte von einer solchen Maßnahme | |
| profitieren können. | |
| Auch in der brandenburgischen Landesregierung ist Lenzen eher der | |
| Einzelfall, die Erhöhung von Deichen dagegen die Regel. 250 Millionen Euro | |
| hat Potsdam inzwischen für den Bau neuer Deiche ausgegeben, 207 Millionen | |
| davon an der Oder. Für BUND-Mann Gunkel ein klarer Fall. "Hier werden die | |
| Prioritäten falsch gesetzt. Höhere Deiche erhöhen nicht die Sicherheit, | |
| sondern sie erhöhen das Risiko." | |
| Ein Umdenken ist freilich nicht in Sicht. Einen Tag nach den | |
| Feierlichkeiten am "bösen Ort" stellte die Internationale Kommission zum | |
| Schutz der Elbe (IKSE) am Donnerstag ihren "Aktionsplan Hochwasserschutz" | |
| vor. Seit 2002 seien in Deutschland 300 Millionen Euro in den Unterhalt und | |
| Bau von Deichen geflossen, freute sich IKSE-Chef Fritz Holzwarth pünktlich | |
| zum siebten Jahrestag des Elbehochwassers. Etwa 180 Kilometer Deiche wurden | |
| saniert oder neu errichtet. Bis 2015 sollen weitere 700 Millionen Euro | |
| dafür ausgegeben werden. Ein ähnlich verheerendes Elbehochwasser wie im | |
| Jahr 2002 kann damit nicht mehr auftreten, meint Fritz Holzwarth. | |
| Falsch, sagt Stefan Gunkel und verweist auf die 15 Orte an der Elbe, die | |
| von der IKSE als mögliche Standorte einer Deichrückverlegung ausgewiesen | |
| wurden. Realisiert wurde neben dem "bösen Ort" nur das Oberluch bei Roßlau. | |
| "Mit Lenzen", gibt sich Gunkel dennoch optimistisch, "hoffen wir, den | |
| nötigen Rückenwind zu bekommen." | |
| STEFAN GUNKEL, BUND | |
| 14 Aug 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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