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# taz.de -- Ausstellungsdebakel: Exponate gesucht
> Hannover will im Schloss Herrenhausen eine Leibniz-Schau einrichten.
> Dafür gibt es viel Zuspruch. Aber nichts zum Ausstellen.
Bild: Wer nichts bekommt, dem bleibt der Kupferstich von Leibniz.
"Mit Schloss Herrenhausen in die Museums-Bundesliga", titelte die
Lokalpresse, Oberbürgermeister Stephan Weil verkündete per Videobotschaft:
"Das Projekt ist nach allen Seiten rund!" Anlass dafür gab ein Vertrag
zwischen Land und Landeshauptstadt. Er regelt die Finanzierung zweier
Ausstellungsflächen in der Welfen-Sommerresidenz, die eine große
Leibniz-Schau beherbergen sollen. So sah es Mitte August aus. Jetzt aber
droht dem Projekt das ewige Mittelmaß. Alle bedeutenden Archivarien zum
Leben des Philosophen lagern in der Uni und in der Landesbibliothek. Und
wie es aussieht, werden sie da auch bleiben.
Die Ausstellung "Denken und Macht - Gottfried Wilhelm Leibniz und seine
Zeit", soll in den Seitenflügeln des Schlossneubaus untergebracht werden,
den die Volkswagenstiftung für 20 Millionen Euro bis 2012 fertig stellt. Im
Gegenzug werden dem Sponsor das eigentliche Schloss samt Grundstück im
Erbbaurecht auf 99 Jahre kostenfrei überlassen. Die Stiftung plant dort ein
Tagungszentrum.
Der Stadt bleiben 900 Quadratmeter Ausstellungsfläche, die es zu füllen
gilt, um "die Attraktivität Herrenhausens als stimmige kulturtouristische
Destination" zu steigern. Die Frage ist nur womit? Erste Ernüchterung gab
es nach einer Pressekonferenz, die OB Weil mit der Ankündigung befeuerte,
im Schlossmuseum würden die Briefe von Leibniz zu sehen sein. Dagegen
verwahrte sich Georg Ruppelt, Direktor der Leibniz-Bibliothek und Hüter des
Nachlasses, der 85 Prozent aller weltweit erhaltenen Leibniz-Stücke
umfasst, die von der UNESCO gerade als "Weltdokumentenerbe" geadelt wurden.
Darunter seine Privatbibliothek und das einzig erhaltenen Exemplar der
berühmten Rechenmaschine. Man könne "für Sonderausstellungen gern mal etwas
zur Verfügung stellen", sagt Ruppelt, ansonsten "bleiben die Preziosen
hier".
Ruppelt sitzt in der paritätisch von Stadt und Land besetzen Kommission,
die ein Museumskonzept ausgearbeitet hat. Federführend ist Thomas Schwark,
Direktor des Historischen Museum in Hannover, der das Schlossmuseum als
Filiale führen soll. Und der schon mal bekannte, dass der Beitrag seines
Hauses zur geplanten Leibniz-Ausstellung "überschaubar" bleibe. Außer einer
Büste und ein paar Ölschinken sei da nicht viel.
Mehr gibt es im Sockelgeschoss der Leibniz-Universität. Dort hat der
emeritierte Professor Erwin Stein eine Dauerausstellung zu Leben und Werk
des universalen Barockgenies installiert. Wertvollste Stücke sind 25
Modelle seiner technischen-naturwissenschaftlichen Erfindungen. Auf die
kann Herrenhausen aber auch nicht zählen, "Die geben wir nicht ab", sagt
eine Uni-Sprecherin, "außer leihweise für Wanderausstellungen".
Aber man könne ja eine "begehbare" Monade "mit Fenstern drin" nachbauen,
bewahrt sich Schwark seinen Optimismus. Dass diese von Leibniz erdachten
metaphysischen Atome im Gegensatz zu mechanistischen Welterklärungsmodellen
keine Ausdehnung besitzen, ist dann auch schon wurst. In Ermangelung
musealer Hardware wird wohl ein Großteil der Abteilungen mit Kupferstichen
tapeziert und "Sinnes-Boxen" vollgestellt - ein Euphemismus für die
üblichen Touchscreen- und Multimediaportale. Was Wunder, dass sich das
Konzept liest, als wäre es keine Leibniz-, sondern eine x-mal gezeigte
Welfenschau.
Da kann das Historische Museum immerhin mit einem prallen Fundus aufwarten.
Leider fehlen wird die Welfenprunkkutsche, die der OB so gerne zeigen
würde. Für sie, sagt Schwark, seien die Schlossflügel in Herrenhausen zu
klein. Die kosten dafür Stadt und Land satte zwei Millionen Euro.
3 Sep 2009
## AUTOREN
Michael Quasthoff
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