# taz.de -- Ausstellung mit 125 Van Gogh Bildern: Mission Moderne | |
> Die Jahrhundertschau des Sonderbundes 1912 in Köln wurde jetzt in einer | |
> Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museum wunderbar rekonstruiert. | |
Bild: Edvard Munch, Vier Mädchen auf der Brücke, 1905, Öl auf Leinwand, Wall… | |
Das Wallraf-Richartz-Museum erinnert sich: vor 100 Jahren, da spielte die | |
Musik in Köln, jedenfalls, was die neue bildende Kunst betraf. Der in | |
Düsseldorf gegründete Sonderbund wollte seiner vierten Ausstellung durch | |
die Verlegung nach Köln internationale Bedeutung geben. Und die Domstadt | |
engagierte sich, indem sie für das Ereignis eine temporäre | |
Ausstellungshalle von der Brüsseler Weltausstellung 1910 eigens ankaufte | |
und am Aachener Tor errichtete. | |
Wie „innovativ, revolutionär und bahnbrechend“ die „Internationale | |
Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler“ | |
wirklich war, davon versucht die Kölner Retrospektive „1912 - Mission | |
Moderne. Die Jahrhundertschau des Sonderbundes“ eine möglichst anschauliche | |
Vorstellung zu geben. Ausgestellt sind nur Werke, die auch damals im | |
Wallraf-Richartz-Museum Exponate waren. Und wie 1912 hängen sie einreihig - | |
damals eine Neuheit - auf weißen, schwarz gerahmten Wandflächen. | |
Nach jahrelanger Recherche und zähen Verhandlungen mit den heutigen | |
Besitzern konnte ein Fünftel der damals rund 665 Bilder für den Rückblick | |
gewonnen werden. Kunstgeschichtlich ist dabei besonders interessant, dass | |
die Ausstellungsmacher, die 1912 die Exponate auswählten, weitgehend ins | |
Schwarze trafen. | |
Die vierköpfige Sonderbund-Jury - Alfred Hagelstange, Direktor des | |
Wallraf-Richartz-Museums, Richard Reiche, Ausstellungsleiter, und die Maler | |
August Deusser und Max Clarenbach - hatten es als ihre Mission angesehen, | |
einen „Überblick über den Stand der jüngsten Bewegung der Malerei“ zu | |
geben. | |
## Gipfelstürmerischer Rekonstruktion | |
Was in Deutschland pauschal „Expressionismus“ genannt wurde, sollte in | |
seiner Zugehörigkeit zur Speerspitze der neuen europäischen Malerei | |
deutlich werden. Kuratorin Barbara Schaefers verdienstvoller Einsatz | |
ermöglichte es sogar, in einigen Räumen die Exponate getreu der damaligen | |
fotografisch dokumentierten Anordnung zu hängen. Ein Stück | |
gipfelstürmerischer Rekonstruktion! | |
Heute ist es schwer, sich vorzustellen, welche Empfindungen und Ahnungen | |
Besucher und Künstler hatten, als sie zwei Jahre vor dem Ersten Weltkrieg, | |
mit den Werken von Van Gogh (125 Bilder!), darunter so bedeutende wie die | |
zu Herzen gehende „Pietà (nach Delacroix)“ und das „Selbstbildnis“ von | |
1889, konfrontiert waren. | |
Auch die 32 Gemälde von Edvard Munch waren für die Besucher damals noch | |
kein Déjà-vu, ebenso wenig Picassos „Junge mit blauer Vase“ aus der „Ro… | |
Periode“ (1905) und der „Sitzende Harlekin“ von 1901 - Bilder die auch 20… | |
wieder zu den ganz großen Erlebnissen gehören. Cézanne, Gauguin und die | |
Neoimpressionisten Henri Edmond Cross und Paul Signac sind jeder mit | |
zahlreichen Werken vertreten. | |
Keinen Zweifel hat man in Köln, welche Faszination Gauguin, der hier | |
prominent präsentiert wird, für Erich Heckel und andere „Brücke“-Maler | |
besaß. Wieder, wie 1912, ist es möglich, in den Sälen, die einzelnen | |
europäischen Ländern zugeordnet sind, zu verfolgen, an welcher Tradition | |
sich die jungen Maler orientierten. Im Norwegersaal ist der Einfluss von | |
Cézanne vorherrschend. Beim Schweizer Cuno Amiet ist van Goghs Malweise als | |
Vorbild unverkennbar; Amiet selbst hatte Einfluss auf die deutsche | |
Brücke-Gruppe, der er 1906 beitrat. Sehr unterschiedlich zeigt sich die | |
Moderne bei den ungarischen Künstlern, die fast alle einige Zeit in Paris | |
lebten. József Rippl-Rónai ist mit einem seiner dekorativen, dem Art | |
Nouveau zugehörigen Gemälde vertreten. | |
## Viele kaum bekannte Namen überraschen | |
Oskar Kokoschka und Egon Schiele gaben 1912 und geben auch heute den Ton im | |
österreichischen Saal an. Belgien ist durch Skulpturen von George Minne | |
vertreten, denen man zusammen mit Werken von Lehmbruck, Maillol und anderen | |
Bildhauern in allen acht Sälen begegnet. | |
Was die deutsche Kunst in der Kölner Schau angeht, so überraschen die | |
vielen heute kaum oder nur noch regional bekannten Namen, die meisten aus | |
der rheinischen Szene. Wenn man ihre Werke neben den Bildern von Heckel, | |
Macke, Nolde, Purrmann, Hofer, Kanoldt und Erbslöh sieht, kann das Fazit | |
nur lauten: zu einer Neubewertung oder gar Umwertung gibt es, abgesehen von | |
einzelnen herausragenden Werken, keinen Grund. Das gilt auch für die | |
Malerei von August Deussler, der sich 1912 einen eigenen Saal reserviert | |
hatte. Teil des retrospektiven Unternehmens ist das im doppelten Sinne | |
gewichtige Katalogbuch. | |
Bis 30. Dezember, Katalog (Wienand Verlag) 39,90 Euro | |
11 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Hoffmann | |
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