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# taz.de -- Atomar verstrahltes Südsee-Paradis: Bikini-Atoll als Weltkulturerbe
> Das Bikini-Atoll im Pazifik soll jetzt zum Weltkulturerbe erklärt werden,
> hat die Regierung der Marshallinseln beantragt. Bis 1958 führten die USA
> dort 23 Atombombentests durch.
Bild: Atombombenversuch der USA auf dem Bikini Atoll am 25. Juli 1946.
Atomtests auf dem Bikini-Atoll haben das Schicksal der Menschen von Bikini
geprägt, das der Menschen der Marshallinseln sowie das der gesamten Welt."
Dies ist der Schlüsselsatz aus einem 86-seitigen Begründungsschreiben der
Regierung der Marshallinseln, das jetzt der Weltkulturorganisation Unesco
in Paris geschickt werden soll - mit dem Ziel, das atomverseuchte
Pazifik-Atoll in die Liste des Weltkulturerbes aufzunehmen.
Ein Kriterium im Anerkennungsverfahren ist, dass der historische Ort eine
wichtige Bedeutung über nationale Grenzen hinaus hat. Zwischen 1946 und
1958 rüsteten sich die USA mit 23 Atombombentests im zu den Marshallinseln
gehörenden Bikini-Atoll für den Ernstfall im Kalten Krieg. Den ersten Test
dort fand ein französischer Modedesigner so explosiv für die Welt, dass er
die von ihm ähnlich bahnbrechend eingeschätzte Kreation eines zweiteiligen
Badeanzugs für Frauen Bikini nannte.
Leidtragende der Tests waren die Ureinwohner des erst 1824 "entdeckten" und
dann bis 1914 zum deutschen Kolonialreich als Eschscholtz-Inseln gehörenden
Atolls. 1946 wurden die damals 200 mikronesischen Einwohner evakuiert, um
Platz für die Atomtests zu machen. 1974 durften die ersten Bewohner wieder
zurückkehren, sie mussten aber 1978 das Atoll wegen starker
Gesundheitsprobleme aufgrund der atomaren Verstrahlung wieder verlassen.
"Die Bikinianer glauben, dass sie wirklich zum Wohlergehen der Menschheit
beitrugen, weil die Atomexplosionen über ganz Bikini stattfanden statt
woanders in der Welt", sagte Jack Niedenthal, ein Sprecher der rund 4.000
Nachkommen der Bikinianer. Die einst 23 Inseln des Atolls von 594
Quadratkilometer Gesamtfläche, davon einer Landfläche von nur 6
Quadratkilometern, haben heute keine dauerhaften Bewohner. Ohnehin wurden
drei der Inseln bei den Atomtests völlig zerstört. Dennoch reisen immer
wieder Menschen zum Atoll, neben Wissenschaftlern vor allem Touristen, die
in den Lagunen nach Wracks tauchen. Wegen der Verstrahlung des Gebiets
müssen sie ihre Lebensmittel mitbringen und können sich dort nur begrenzt
aufhalten.
Der Versuch, das Atoll zum Weltkulturerbe erklären zu lassen, soll
zweifellos auch den Tourismus ankurbeln. Es geht aber auch darum, überhaupt
eine Stätte aus dem Nordpazifik zum bisher als eurozentristisch empfundenen
offiziellen Weltkulturerbe zu erklären und zugleich auf die dunklen Seiten
der Geschichte des 20. Jahrhunderts hinzuweisen. Schließlich zählen bereits
das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau in Polen und der
Friedensdom im japanischen Hirosshima zum offiziellen kulturellen Erbe der
Menschheit.
21 Feb 2009
## AUTOREN
Sven Hansen
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