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# taz.de -- In Kolumbien wird abgerechnet
> Auf der nächsten UN-Naturschutzkonferenz im kolumbianischen Cali muss
> Deutschland der Welt zeigen, wie weit es beim Schutz der Biodiversität
> gekommen ist
Von Heike Holdinghausen
Von den westfälischen Wäldern bis in die kolumbianische Metropole Cali ist
es nicht weit. Zumindest thematisch nicht, denn in der Hauptstadt des
Salsa-Tanzens findet von Ende Oktober bis Anfang November der nächste große
UN-Naturschutzgipfel statt. Dort werden sich die 196 Mitgliedsstaaten des
Übereinkommens zur biologischen Vielfalt (CBD) das erste Mal treffen,
[1][seit sie vor zwei Jahren im kanadischen Montreal das große
Rahmenabkommen für den weltweiten Schutz der Biodiversität
verabschiedeten]. In dem gefeierten Abkommen hatte die Welt unter der
Präsidentschaft Chinas beschlossen, bis zum Jahr 2030 insgesamt 30 Prozent
der Land- und Meeresflächen unter einen effektiven Schutz zu stellen, um so
den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen. Weil das Problem der CBD
aber nie ehrgeizige Ziele waren, sondern eher, diese Ziele auch umzusetzen,
beschlossen die Staaten zudem ein besseres und effektiveres Monitoring. Das
heißt: In Cali werden die Staaten sich vor der Welt ehrlich machen müssen,
wie weit sie mit ihrem 30-mal-30-Ziel schon gekommen sind.
Deutschland wird nicht mit leeren Händen kommen: „Aus Montreal ist ein
großer Handlungsdruck entstanden“, sagt Jannes Stoppel, bei der
Umweltorganisation Greenpeace zuständig für Natur- und Klimaschutz im
Landsektor. Etwa das Bundeswaldgesetz oder die Biodiversitätsstrategie
seien deshalb überarbeitet worden und sollten bald verabschiedet werden.
Ein zusätzlicher Nationalpark in NRW käme ebenfalls gelegen, müssen doch
auch die Bundesländer melden, welche Flächen sie künftig effektiv schützen
können. „Allerdings geraten die Bemühungen jetzt durch die Bauernproteste
und das EU-Wahlergebnis unter einen enormen Druck“, sagt Stoppel, „und die
neu geschaffenen Gesetzesgrundlagen für den Ausbau der Infrastruktur für
erneuerbare Energien und die LNG-Terminals haben den Naturschutz zusätzlich
entkräftet“. Das dicht besiedelte Deutschland, mit seinen großen
Industriezentren und intensiv land- und forstwirtschaftlich
bewirtschafteten Flächen, könne eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen,
wie Naturschutz trotzdem möglich sei, sagt Stoppel. „Aber wenn wir es nicht
schaffen, der Natur mehr Raum zu geben, etwa in mehr Nationalparkgebieten,
sind wir auf internationalen Verhandlungen nicht mehr glaubwürdig.“ Auch
Axel Hochkirch, Professor für Naturschutz an der Uni Trier, hält die
Einrichtung von Nationalparks für wichtig, um die Ziele von Montreal zu
erreichen. Allerdings weist er darauf hin, dass in Deutschland ein Großteil
der bedrohten Arten in Mooren, Heiden und Wiesen lebt, also im Offenland,
nicht im Wald. „Das ist in Nationalparks meist nicht so gut repräsentiert“,
so Hochkirch. [2][So biete der Truppenübungsplatz Senne in Ostwestfalen
mehr seltenen Arten Lebensraum] als der benachbarte Wald der Egge. Noch
wichtiger als der Prozessschutz in Nationalparks, wo die Natur sich selbst
überlassen würde, seien somit Biosphärenreservate im Offenland. Sie könnten
extensiv landwirtschaftlich genutzt werden, würden so Hotspots des
Artenschutzes erhalten.
In Kolumbien werde es nicht nur darum gehen, die 30-mal-30-Ziele zu prüfen,
sondern auch, die drei großen UN-Umweltabkommen besser zu verzahnen, sagt
Stoppel: Die Klima-, die Wüsten- und die Biodiversitätskonvention bestehen
bis heute nebeneinander, ohne große Synergieeffekte. „Ein Beispiel für
solche Synergien ist das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz der
Bundesregierung, da es Klima-, Naturschutz und Klimaanpassung verbindet“,
sagt Stoppel. Allerdings gebe es auch Zielkonflikte zwischen Natur- und
Klimaschutz – etwa die Bioenergie.
12 Jun 2024
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## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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