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# taz.de -- Preis ohne Kühne
Literatur lässt sich nicht getrennt von der Gesellschaft denken, in der sie
entsteht und in der sie rezipiert wird.“ Was klingt wie aus einer
Sonntags-, pardon, Preisverleihungsrede, es stammt tatsächlich von der Jury
des Romandebütpreises beim Hamburger „Harbour Front“-Literaturfestival. Die
mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung bekommt am Sonntag Behzad Karim Khani
für seinen Roman „Hund, Wolf, Schakal“ (Verlag Hanser Berlin). Durchgesetzt
hat sich der Berliner damit gegen 48 andere Manuskripte in der Vor- und
noch mal 7 in der Hauptrunde des Wettbewerbs. Das Buch beschreibe den „Duft
in den Gemüseläden in der Sonnenallee“, lobte die Jury, „das Leben in den
Hinterhöfen im Berlin der 80er und 90er Jahre und den scheinbar
selbstverständlichen Hang abgehängter junger Kerle zur Gewalt“.
Erhalten wird Karim Khani aber nicht den „Klaus-Michael Kühne-Preis“ – so
hieß die Auszeichnung seit 2010 –, sondern den „Debütpreis des Harbour
Front Literaturfestivals“. Und übergeben wird dieser auch nicht in des
erwähnten Herrn Kühnes Edel-Hotel „The Fontenay“, sondern im „Nachtasyl…
hoch oben unter dem Dach des Thalia-Theaters. Um beide Änderungen habe die
Kühne-Stiftung gebeten, erklärte die Festivalleitung.
An der Förderung selbst ändert sich laut derselben Mitteilung nichts.
„Gemeinsames Ziel“ von Stiftung und Festival „war, ist und bleibt“ demn…
die Förderung von Literatur und Autor*innen. Dass die Stiftung respektive
der dahinter stehende Logistikkonzern Kühne + Nagel nicht mehr Hauptsponsor
ist, war indes schon in der Vorwoche bekannt geworden.
Gerade die Beteiligung des Konzerns hatte im Vorfeld zu einigen Turbulenzen
geführt: Zwei der acht zunächst nominierten Debütant*innen, [1][Sven
Pfizenmaier] und [2][Franziska Gänsler], zogen sich aus dem Wettbewerb
zurück; ein weiterer wollte im Fall seines Sieges Teile des Preisgelds
spenden – alles ausdrücklich unter Hinweis auf die zögerliche Aufarbeitung
ihrer Geschichte durch die Logistikfirma.
Kühne + Nagel spielte während der NS-Zeit europaweit eine zentrale Rolle
beim Abtransport geraubten jüdischen Eigentums. Konzern und
milliardenschwerer Eigentümer aber sperren sich gegen ein transparentes
Ausleuchten dieser Rolle. Diskussionsbedarf hatte neben den ausgestiegenen
Autor*innen auch die Festivalleitung angemeldet – so wie nun auch die
Debütpreis-Jury.
Alexander Diehl
17 Sep 2022
## LINKS
[1] /Eklat-um-Harbour-Front-Literaturfestival/!5875250/
[2] /NS-Vergangenheit-von-Kuehne--Nagel/!5880848/
## AUTOREN
Alexander Diehl
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