# taz.de -- Früher aufstehen, echt jetzt? | |
> Die Volksbühne Berlin witzelt Kritik an der Auslastung einfach weg | |
Es steckt überraschend viel Wien in Berlin. Zumindest sah das so aus bei | |
einem Pressegespräch, zu dem die Volksbühne Berlin zum Start der Saison | |
eingeladen hatte. Denn gleich zwei österreichische Künstlerinnen stellten | |
ihre Projekte vor, die aufwendigsten der kommenden Spielzeit: Die | |
[1][Choreografin Florentina Holzinger] beginnt mit „Ophelia’s Got Talent“, | |
einer Forschung über die Beziehungen zwischen Wasser und Frauen in der | |
Literatur, von den Melusinen bis zu den Selbstmörderinnen. Dass man die | |
große Bühne der Volksbühne auch mit einem Bassin voll Wasser bespielen | |
könnte, erzählte sie, sei für sie ein starkes Motiv gewesen, an das Haus zu | |
kommen. Und [2][Lydia Haider], Schriftstellerin aus Österreich, stellte mit | |
der österreichischen Musikkuratorin Marlene Engel das Musical „[3][Hyäne | |
Fischer“ vor, benannt nach einer Kunstfigur aus dem Umfeld der | |
Burschenschaft Hysteria]. Beide Projekte, so betonten die Künstlerinnen, | |
sind feministisch und werden unter möglichsten Verzicht auf Hierarchien von | |
Autor:innen und Performer:innen gemeinsam entwickelt. | |
Neben den Künstlerinnen saßen die Dramaturginnen Anna Heesen und Johanna | |
Kobusch, die betonten, die Volksbühne sei ein Haus für gemeinsam | |
erarbeitete Uraufführungen. Rechts und links rahmte die Gruppe je ein Herr, | |
[4][der Intendant und Regisseur René Pollesch und Martin Wuttke.] Die | |
beiden werden mit einem Projekt in die Geschichte der Volksbühne | |
eintauchen, über einen mühevollen und misslingenden Versuch, das „Volk“ im | |
Namen des Theaters zu seinem Protagonisten zu machen. | |
So war der Blick in die Zukunft zwar spannend, aber viele der gekommenen | |
Journalist:innen interessierte vor allem, wie das Team denn seine erste | |
Spielzeit bewerte, die nicht zuletzt wegen schlechten Auslastungszahlen und | |
vielen Tagen ohne Programm in die Kritik geraten war. Nun meinte Pollesch, | |
an den vielen Abenden, die er dabei war, das Haus durchaus voll gesehen zu | |
haben, eine gefühlt gute Auslastung, der aber die Zahlen widersprechen. | |
Auch erzählte er durchaus mit Charme, wie furchtbar er die Arbeit an | |
Theatern fand, an denen man vormittags proben musste, weil abends die Bühne | |
nie zur Verfügung stand – welcher Künstler stehe schon gerne früh auf –, | |
und das hätten sie in der ersten Spielzeit eben anders gemacht. Die | |
kommende aber sollte der Spielplan voller werden. Der Schauspieler Martin | |
Wuttke sprang dem Intendanten bei, berichtete von Theatern wie dem Berliner | |
Ensemble, wo die Auslastungszahlen in jedem Gespräch Thema waren und den | |
Künstlern Druck machten. Mehr Freiraum sei für die Kunst produktiver. | |
Es ist in Ordnung, dass Künstler so argumentieren, aber ein Intendant | |
sollte mehr im Blick haben. Dass die meisten Journalist:innen in diesem | |
Gespräch das so sahen, schien René Pollesch aber nicht zu überzeugen. | |
Katrin Bettina Müller | |
5 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
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