# taz.de -- „Es kann auch komplett kollidieren“ | |
> In der Hamburger Reihe „4fakultät“ improvisieren Musiker:innen | |
> gemeinsam und stilübergreifend | |
Interview Benjamin Moldenhauer | |
taz: Herr Roessler, Herr Bessonov, was verändert sich, wenn | |
Musiker:innen nach dem Spielprinzip von „4fakultät“ auftreten? | |
Simon Roessler: Wir laden vier Künstler:innen ein, die im Wechsel | |
spielen, ohne Pause, aber mit Überschneidungen, in denen sie gemeinsam | |
improvisieren. Der Abend ist so strukturiert, dass alle irgendwann | |
miteinander in Berührung kommen. Das ist wie ein Staffellauf, und es | |
entsteht ein kontinuierlicher Fluss. Es geht nicht nur um Kontraste, die | |
Stile sagen sich gegenseitig etwas – oder schreien sich auch mal an. Man | |
erfährt etwas Neues über die Musik. Wenn ich zum Beispiel Noise nur als | |
brachiale Wand höre, dann ist das was anderes, als wenn da auf einmal etwas | |
ganz Filigranes dazukommt. | |
Konstantin Bessonov: Meistens knistert die Luft, weil niemand genau weiß, | |
was jetzt passiert. Es kann sehr harmonisch werden, es kann aber auch | |
komplett kollidieren. Was aber meist genau so schön ist. | |
Frau Patrone, angekündigt sind „Sounds zwischen Klassik, Jazz und Ambient“, | |
„Vinyl-Punk“ und „Noise-Rock-Free-Jazz“. Nach welchen Kriterien stellen… | |
das Programm zusammen? | |
Tintin Patrone: Die Idee ist, Diversität zu ermöglichen, interessante | |
Kontraste und Begegnungen zu schaffen und verschiedene musikalische | |
Disziplinen zu verbinden. Raumgreifende und intime Positionen, Punk und | |
Akademie. | |
Bessonov: Dabei ist natürlich alles total subjektiv und die eigene Wahl oft | |
kaum sachlich zu begründen. Ganz anders ist das bei der Zusammenstellung | |
der einzelnen Acts. Sobald wir uns auf die ersten ein, zwei Positionen | |
geeinigt haben, ist es wie ein Puzzlespiel, bei dem die Teile wie von | |
Geisterhand ineinandergleiten. | |
Roessler: Es gibt auch Verbindungen zwischen den Künstler:innen, so | |
unterschiedlich sie sind: Wir haben zwei Schlagzeuger:innen dabei, | |
Valentina Magaletti und Fabian Jung von Moneyfriends. Und Laila Sakini und | |
Audrey Chen verwenden beide ihre Stimme als Instrument, aber mit ganz | |
unterschiedlichen Ergebnissen. | |
Bessonov: Das Unberechenbare muss auch immer mit rein. Heute Abend sind das | |
„Vinyl- terror & -horror“: Turntables aufeinander getürmt, die ein sehr | |
eigenwilliges Musikleben entfalten. | |
Welches Zusammentreffen in der Reihe war denn besonders denkwürdig? | |
Roessler: Zum ersten 4fakultät-Konzert im Kunsthaus vor einem Jahr hat | |
Michela Pelusio als Klangerzeuger eine deckenhohe Lichtspirale mitgebracht, | |
in die hat sie Seilstücke reingeworfen, und es kamen Soundflächen und Pulse | |
wieder heraus. Das hat sich dann gemischt mit einer Klangmaschine von | |
Pierre Bastien, die stolpernde Rhythmen und Loops fabriziert. Beides waren | |
neue Instrumente, die man sich so auch als Installation in einer | |
Ausstellung hätte anschauen können. | |
5 Aug 2022 | |
## AUTOREN | |
Benjamin Moldenhauer | |
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