| # taz.de -- „Pasolinis heutiges Thema wäre Migration“ | |
| > Zum 100. Geburtstag des italienischen Regisseurs Pier Paolo Pasolini | |
| > zeigt das Hamburger B-Movie eine Auswahl seiner Filme | |
| Interview Wilfried Hippen | |
| taz: Frau Schneider, Sie zeigen eine Reihe von Filmen von Pier Paolo | |
| Pasolini. Seinen letzten Film, „Die 120 Tage von Sodom“, der auch heute | |
| noch ein Skandalon ist, zeigen Sie nicht. Warum diese Leerstelle? | |
| Ute T. Schneider: „Sodom“ hätten wir gerne gezeigt, aber wir sind ein | |
| ziemlich kleines Kino. Bei solchen Reihen haben wir nicht mehr als sechs | |
| bis sieben Filme im Hauptprogramm, aber da es uns wichtig war, auch ein | |
| Programm mit Pasolinis Kurzfilmen vorzustellen, ist er auf der Strecke | |
| geblieben. | |
| Welche Filme haben Sie ausgewählt? | |
| Ich und meine Kollegin Simone Spinelli haben aus den 20 Filmen von Pasolini | |
| einen kleinen Extrakt gemacht. Und wir haben uns dabei auf seine Filme über | |
| Italien konzentriert. Es geht dabei um seinen Blick auf die Gesellschaft. | |
| Mit den Geschichten aus dem Subproletariat in „Accattone“ aus dem Jahr 1961 | |
| sowie „Mamma Roma“ von 1962. Und in „Theorema“ lässt er 1968 mal so eb… | |
| das Bürgertum einstürzen. Ich denke, er behandelt hier Fragen, die immer | |
| noch relevant sind, weil die Gegensätze in der Gesellschaft ja immer noch | |
| nicht aufgehoben sind. | |
| Sie haben auch zwei von Pasolinis eher unbekannten Dokumentarfilmen im | |
| Programm. | |
| Ja, sie haben wir ausgewählt, um zu zeigen, dass Pasolini sich auf | |
| verschiedene Weise mit seiner Gesellschaft auseinandersetzte. „Der 12. | |
| Dezember“ ist sehr politisch, weil Pasolini sich darin mit einem | |
| Terroranschlag auseinandergesetzt hat. Und für „Gastmal der Liebe“ machte | |
| Pasolini eine Reise durch Italien, die ganz heiter daherkommt. Auf Straßen, | |
| auf Plätzen und am Strand befragte er Italiener*innen von alt bis jung, | |
| von reich bis arm zu ihrem Verhältnis zu Liebe und Sexualität. Das war | |
| Anfang der 1960er-Jahre und wirkt heute oft amüsant. Aber es wird auch | |
| klar, dass einiges von diesen Vorstellungen in manchen Köpfen immer noch | |
| vorhanden ist. | |
| Zum Abschluss der Reihe zeigen sie Pepe Danquarts Dokumentation „Vor mir | |
| der Süden“ aus dem Jahr 2019. Warum haben Sie sich dafür entschieden? | |
| Danquart wiederholt darin eine Reise durch Italien, die Pasolino Ende der | |
| 1950er-Jahre für seine Reportage „Die lange Straße aus Sand“ gemacht hat. | |
| Und da hat sich natürlich etwas verändert, etwa weil er an vielen Ecken | |
| Flüchtlingen und Migranten begegnete. Ich denke, dass das Pasolinis | |
| heutiges Thema wäre. Und dass er seine damalige Vorliebe für das | |
| Subproletariat auf sie übertragen würde. | |
| 2 Mar 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Hippen | |
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