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# taz.de -- Mehr Dreck für Gröpelingen
> Nur 250 Meter ist die geplante Klärschlammverbrennungsanlage in
> Oslebshausen von einer Wohnstraße entfernt. Ein Runder Tisch soll sich
> Sorgen anhören – dass die Anlage kommt, steht fest
Bild: Sieht nachts ein bisschen industrieromantisch aus: Klärschlammverbrennun…
VonLotta Drügemöller
Noch in diesem Jahr soll sie gebaut werden, ab Januar 2022 in Betrieb gehen
– die Kenow, die „Klärschlammentsorgung Nordwestdeutschland“ in
Oslebshausen. Für sie sprechen einige Argumente: Der olle Schlamm aus den
Kläranlagen kommt nicht länger auf die Äcker und belastet so das
Grundwasser nicht mehr mit Nitraten. Mit der Verbrennung wird Strom erzeugt
und Wärme – „nahezu klimaneutral“, wirbt die SWB. Und die anfallende Asc…
Die wird aufbewahrt und irgendwann, in noch ungewisser Zukunft,
aufbereitet, um ihr den wertvollen Phosphor zu entziehen.
Bei der Bürgerinitiative „Oslebshausen und umzu“ (BI) allerdings ist man
nicht ganz so überzeugt vom Sinn der Anlage. Verbrennung, und damit auch
die Verbrennung von Klärschlamm, sei „Steinzeittechnologie“, meint Sprecher
Dieter Winge. Phosphor könne man mit anderen Technologien auch direkt im
Klärwerk gewinnen, ohne weite Transporte von Klärschlamm.
Vor allem ein Aspekt stört die Bürgerinitiative: Wenn der Schlamm schon
verbrannt werden soll, warum dann gerade in Oslebshausen? Nur 250 Meter ist
der Standort der geplanten Anlage von der nächsten Wohnbebauung entfernt.
Sorgen machen sich Teile des Beirats und die BI um mehr Lärm, um mehr
Verkehr, um mehr Dreck auf den Straßen und in der Luft.
Noch mehr, heißt es aus Sicht der BI. Denn Oslebshausen sei insgesamt hoch
belastet: Viele Bewohner*innen sind arm, im Industriegebiet haben sich
müllverarbeitende Betriebe angesiedelt, laut Beirat leidet der Ortsteil
schon jetzt stark unter und Lärm.
Die BI hat Widerspruch gegen die Genehmigung eingelegt; große Hoffnung auf
einen Stopp des Baus gibt es aber nicht – die Bauarbeiten haben schon
begonnen. „Wenn wir Glück haben, dann werden noch ein paar Verbesserungen
bei der Anlage vorgeschrieben“, sagt Winge. Ein Gutachten, das die BI in
Auftrag gegeben hat und das diese Woche fertiggestellt wurde, zeige, dass
sich die genehmigte Anlage nicht am Höchststand der Technik orientiere.
Zwischen den Parteien ist die Klärschlammverbrennungsanlage nicht ganz
unumstritten; im Koalitionsvertrag gibt es kein Bekenntnis zur und keine
Absage an die Anlage – man verweist stattdessen auf das Bundesgesetz: „Eine
Klärschlammmonoverbrennungsanlage (…) muss auf bundesgesetzlicher Grundlage
genehmigt werden, wenn die technischen und umweltrechtlichen
Voraussetzungen erfüllt sind“, [1][heißt es dort] auf Seite 22. Auch das
Bau- und Umweltressort zeigt sich auf Anfrage mit gebundenen Händen: „Die
Stadt hat da keine Handhabe“, sagt Sprecherin Linda Neddermann.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass zumindest die ressortführenden Grünen
die Vorteile der Anlage hoch schätzen. Auch die SWB hatte den Bau einer
Klärschlammverbrennungsanlage gefordert: „Für SWB ist die Kenow ein
wichtiger Teil des Konzepts zum Kohleausstieg“, heißt es auf der Webseite.
Schließlich werden über das Kohlekraftwerk bisher viele Haushalte nicht nur
mit Strom, sondern auch mit Fernwärme versorgt. Wenn diese wegfällt,
braucht es Ersatz.
Hinter der Entscheidung steckt also nicht nur die verwaltungstechnische
Pflicht, sondern auch eine politische Entscheidung. Schließlich hätte die
Ansiedlung durch andere Bebauungspläne verhindert werden können: Der Beirat
Gröpelingen hatte 2018 gefordert, dass in wohnortnahen Bereichen des
Industriegebiets am Hafen künftig nur noch nichtstörendes Gewerbe
angesiedelt werden sollte. Das Bauressort entschied sich dagegen: Zu sehr
würde mit einer solchen Vorgabe der Hafenbetrieb eingeschränkt.
Dem Eindruck, die Bevölkerung werde nicht gehört, wird nun mit einem Runden
Tisch begegnet: Innerhalb der nächsten drei Monate sollen Gespräche
starten. Das Ziel sei, so heißt es im Antrag der Regierungsfraktionen, der
am Dienstag in der Bürgerschaft beschlossen wurde, den Ortsteil durch
Maßnahmen in den Bereichen Müll, Verkehr und Lärm zu entlasten. Geplant
sind etwa Stationen, an denen Lärm- und Luftverschmutzung gemessen werden
sollen.
Der Runde Tisch war vom Beirat Gröpelingen und der Bürgerinitiative
gefordert worden. Viel Hoffnung setzt Winge nicht in die versprochene
Entlastung des Stadtteils an anderer Stelle: „Vielleicht würde ich mehr
erwarten, wenn nicht vor kurzem auch noch die Bahnwerkstatt nach
Oslebshausen geplant worden wäre“, sagt er. „Viele Mitglieder sind jetzt
sehr skeptisch.“
27 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6330/Koalitionsvereinbarung-R…
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
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