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# taz.de -- Friseurkette beschneidet Rechte
> Betriebsrätinnen wehren sich vor dem Arbeitsgericht Hamburg erfolgreich
> gegen ihre Entlassung
Von Hermannus Pfeiffer
Die Firmenleitung der größten Friseurkette Europas gilt nicht gerade als
allerbeste Freundin von Betriebsrätinnen. Nun will Klier Hair den gesamten
Betriebsrat der Region Hamburg / Schleswig–Holstein vor die Tür setzen. Im
ersten Prozess gegen eine der sechs Belegschaftsvertreterinnen gab gestern
der Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht Hamburg, Reinhard, allerdings
„nicht die Zustimmung“ zur Kündigung. Die Friseurinnen können also erst
einmal weiter arbeiten und auch ihre Betriebsratstätigkeit fortführen.
Das Unternehmen aus Wolfsburg sieht sich als „größte Friseurfamilie
Europas“. Bundesweit beschäftigt Klier Hair Group GmbH nahezu 10.000
Menschen, ganz überwiegend Frauen, in 1.486 Salons. Zum Konzern gehören
bekannte Marken wie „Essanelle“, „Super Cut“ oder „Styleboxx“. Pro …
werden nach Firmenangaben mehr als 50.000 Kunden verschönert. Außerdem gibt
es einen Webshop und eine eigene Logistiksparte. Klier ist in der dritten
Generation familiengeführt.
Im Handwerk sind Ketten wie Klier ungern gesehen. Oft bieten sie ihre
Dienstleistungen zu Billigpreisen an. Gleichzeitig können sie hohe Mieten
in günstigen Lagen zahlen, weil sie aus einzelnen Salons weniger Gewinn
ziehen müssen als eine Friseurmeisterin, die von ihren Einnahmen lebt. So
unterhalten zwei Dutzend Friseurketten bundesweit rund 10.000 Filialen.
Nach Angaben der Berufsgenossenschaft stehen ihnen 75.000 kleinere
Handwerksbetriebe gegenüber.
Der Betriebsrat vertritt seit seiner Gründung 2013 die Interessen von über
100 Beschäftigten in 17 Salons in Hamburg und Schleswig-Holstein. Viele
Verbesserungen für die Beschäftigten konnten jedoch erst vor Gericht
durchgesetzt werden, berichtet Ver.di-Sekretär André Kretschmar. Anfang des
Jahres eskalierte dann der Streit im Norden.
Klier verdächtigt die sechs Frauen des „Arbeitszeitbetruges“. Die
wöchentlichen Sitzungen im Hamburger Gewerkschaftshaus hätten laut
Reisekostenabrechnungen nicht immer volle acht Stunden gedauert. Die
Betroffenen kontern: Sitzungen müssten auch vor- und nachbereitet werden.
Zur Tätigkeit gehörten außerdem Gespräche mit Beschäftigten in Salons, die
über zwei Bundesländer verteilt sind.
Klier will „in keiner Weise die Bildung von Arbeitnehmervertretungen
verhindern oder Mitbestimmungsrechte einschränken“, versichert ein Sprecher
der taz. Gewerkschaftssekretär Kretschmar widerspricht. „Die Kündigungen
gehören aus unserer Sicht zu einem Bündel von Maßnahmen gegen
Betriebsratsarbeit.“ So liefen in den Klier-Regionen Berlin und Hannover an
die zwanzig Gerichtsverfahren, in denen es um Betriebsräte geht.
Und auch in Hamburg stehen während des Sommers noch fünf weitere Verfahren
vor dem Arbeitsgericht an. Klier will erst nach der schriftlichen
Urteilsbegründung entscheiden, ob Beschwerde vor dem Landesarbeitsgericht
eingelegt werden soll.
8 Jul 2020
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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