| # taz.de -- Die Zukunft ist nicht weiß | |
| > Mit einem Black Ourstory Month demonstriert und fördert die Bremer Black | |
| > Student Union den ganzen Februar über das Schwarze Selbstbewusstsein. | |
| > Auch mit eigenen Räumen | |
| Bild: Im Weltall ist Party beim Black Ourstory Month. Es liegt in der Schwankha… | |
| Von Benno Schirrmeister | |
| Der Februar ist Black Ourstory Month. Ausgerufen hat ihn die Black Student | |
| Union Bremen (BSU). Sie setzt damit, zweieinhalb Jahre nach ihrer Gründung, | |
| ein starkes Zeichen: Wir sind da, so lässt es sich vielleicht übersetzen, | |
| das ist unsere Stadt, und wir schaffen und besetzen Räume in ihr für unsere | |
| Geschichten. | |
| Mit sieben Workshops und Lesungen, von denen drei auch nicht-Schwarzen | |
| Besucher*innen offen stehen, knüpft die BSU an die Tradition des Black | |
| History Month (BHM) an. Sie grenzt sich aber auch etwas davon ab. In Kanada | |
| und den USA seit Langem eine feste Größe, wird der BHM in einigen deutschen | |
| Großstädten wie Hamburg schon lange begangen. Dort aber präsentiert er sich | |
| seit 24 Jahren als afrikanisches Kulturfestival mit Tanz und Musikprogramm | |
| und lecker exotischen Häppchen. | |
| Und „genau das wollen wir nicht sein“, sagt Patience, die | |
| Erziehungswissenschaften studiert und Mitglied der BSU ist. Beim Ourstory | |
| Month gehe es „vor allem um die politische Dimension“, auch wenn zum | |
| Programm eine Poetry Night am 7. Februar und nachts drauf eine gut | |
| konsumierbare „afrofuturistische Party im Weltall“ gehört, offen für alle | |
| und beide in der Schwankhalle. | |
| Die politische Dimension sind „die Kämpfe, die Schwarze Menschen in anderen | |
| Teilen der Welt, im US-amerikanischen Raum aber genauso auch in Deutschland | |
| bestritten haben“. Und die andauern. Ähnlich wie das feministische | |
| „Her-Story“-Wortspiel diene das Kunstwort „Ourstory“ dazu, sich | |
| ausdrücklich an alle geschlechtlichen Identitäten zu wenden, und | |
| afro-diasporische Menschen zwar einzubeziehen, aber sich nicht auf eine | |
| afrikanische Herkunft festlegen zu lassen. Das wäre irreführend oder sogar | |
| kontraproduktiv: So würde die Mikroaggression fortgeschrieben, die der | |
| Frage nach der Herkunft innewohnt, mit der Schwarzen Menschen in | |
| Deutschland auf charmante Weise signalisiert wird, sie würden nicht hierher | |
| gehören, wären Fremde, selbst wenn sie hier geboren und ihre Familien seit | |
| Generationen deutsch sind. | |
| So ein „Woher kommst du?“, „das klingt nicht schlimm“, sagt Patience. A… | |
| „es belastet“, zumal es eine Vielzahl kleiner, oft unbewusster | |
| Ausgrenzungs-Signale gibt. „Die läppern sich.“ | |
| Diese Belastung ist Teil des Alltags. Um „die Sachen, die wir durch unsere | |
| Sozialisation mitbekommen haben, umzulernen“, sei es nötig, eine geschützte | |
| Atmosphäre zu schaffen, durch den Ausschluss von nicht-Schwarzem Publikum, | |
| so Patience. „Es geht darum, zu verstehen, was wir selber internalisiert | |
| haben.“ | |
| Frantz Fanon, Vordenker der Entkolonialisierung und des Antirassismus, hat | |
| das einst als „neurotische Situation“ bestimmt: „Weil ich feststelle, dass | |
| der Schwarze das Symbol der Sünde ist, beginne ich den Schwarzen zu | |
| hassen“, schreibt er in „Peau Noire et Masques Blanches“. Aber zugleich | |
| „stelle ich fest, dass ich Schwarzer bin“, sodass er entweder versuchen | |
| müsse, seine Haut unsichtbar zu machen, oder „aufzuwerten, was schlecht | |
| ist“. Sein Ausweg heißt: Universalismus. In dem es den Schwarzen nicht | |
| gibt, „pas plus que le Blanc“. | |
| „Der Idealfall wäre, dass die Positionierung als Schwarz nicht notwendig | |
| wäre“, sagt Patience, und „natürlich wäre unser Traum auch eine Welt ohne | |
| Antiblackness.“ Aber: „Das ist nicht die Realität.“ Aus diesem Grund sei… | |
| nötig, den Begriff Schwarz oder Black stark zu machen. Und deswegen müsse | |
| die Schwarze Community, sie spricht von Brüdern und Schwestern, sich erst | |
| mit sich selbst beschäftigen: „Unsere Geschichten sind einzigartig, | |
| bemerkenswert und zeugen von Stärke“, heißt es auf dem Flyer. Wichtig sei, | |
| darüber nachzudenken, wie diese Kämpfe künftig zu führen sein werden. | |
| Prominent wird diese Frage die Berliner Professorin Maisha Auma in einer | |
| Veranstaltung über Mental Health bearbeiten. Auch ein Empowerment-Workshop | |
| greift sie Ende des Monats noch einmal direkt auf. Aber auch der | |
| Kunst-Workshop „Wir sind unsere Ikonen“ in der Kunsthalle hilft beim | |
| Erkunden eigener Möglichkeiten, und ein Ballroom-Workshop richtet sich | |
| direkt an [1][queere] Schwarze: Zoe, Gründungsmitglied des Berliner House | |
| of Melody und Voguing-Pionierin hierzulande, führt in Geschichte und | |
| Technik des Tanzstils ein. | |
| 3 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
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