# taz.de -- das portrait: Dana von Suffrin schreibt erfolgreich Geschichte(n) | |
Bild: Doppelbödig autobiografisch: Dana von Suffrin | |
„Vielleicht war es Tann in mancher Hinsicht besser ergangen als Babi und | |
mir, weil sein Vater schon tot war. Unser Vater aber lebte noch“: Otto | |
heißt dieser Vater, und Babi, das ist die Schwester von Ich-Erzählerin | |
Timna. „Otto“ ist auch der Titel von Dana von Suffrins Debütroman | |
(Kiepenheuer & Witsch 2019), für den die Münchnerin nun schon den zweiten | |
einschlägigen Preis im Norden bekommt: Im Rahmen des Harbourfront-Festivals | |
erhielt sie im September in Hamburg den Klaus-Michael Kühne-Preis. Und in | |
dieser Woche wurde bekannt: Sie kriegt auch den Debütpreis des Lübecker | |
Buddenbrook-Hauses. | |
Hier wie da, heißt es, habe die promovierte Historikerin, Jahrgang 1985, | |
sich durchgesetzt gegen starke Konkurrenz mit ihrem Roman. Der ist eine | |
Familiengeschichte, sprachlich elegant, am Jiddischen und dem | |
Siebenbürgischen geschult; geschrieben, „als ginge sie die Hauptsatz- und | |
Introspektionskonvention der deutschen Gegenwartsliteratur nichts an“, | |
[1][so die Süddeutsche Zeitung]. Eine Familiengeschichte aber, in der | |
spezifisch europäische, spezifisch deutsche Realität das Private | |
überschattet, eng damit verwoben ist: Denn Otto, der Vater, dessen | |
Noch-am-Leben-Sein seinen Töchtern manchen Stoßseufzer entlockt, ist Jude | |
und – echt anstrengend; nicht erst, aber umso mehr, als er ein Pflegefall | |
geworden ist. | |
„Was für ein fürchterlicher, großartiger Kerl!“, schwärmte die Hamburger | |
Jury: „Er jammert und mahnt und drängelt und quatscht, er verachtet und er | |
liebt – und das alles tut der Siebenbürger Jude aus tiefem Schmerz, dem | |
Schmerz, überlebt zu haben.“ | |
„Damit das klar ist“, schreibt von Suffrin, selbst Tochter eines Juden und | |
einer Christin: „Die Geschichte unserer Familie war kein Epos vom Suchen, | |
Verlorengehen und Wiederfinden, an dessen Ende eine brave rotbäckige | |
Familie die Ellbogen auf den Küchentisch stützte und zuversichtlich in die | |
Zukunft blickte.“ Sondern? „Unsere Familie war ein Rattenkönig aus | |
Geschichten, eine größere Anzahl räudiger Nagetiere, deren nackte Schwänze | |
sich verheddert hatten und nun untrennbar miteinander verwachsen waren.“ | |
Jüdische Biografie im 20. Jahrhundert: Darüber arbeitet die Autorin auch | |
als Wissenschaftlerin. Ihre Promotion trug 2017 den Titel: „Pflanzen für | |
Palästina! Naturwissenschaften im Jischuw, 1900–1930“. Darin ging sie dem | |
Botaniker Otto Warburg nach; der wollte um 1900 die jüdische Nation | |
vorbereiten helfen – durch das Anpflanzen von Eukalyptus. | |
Überreicht bekommt von Suffrin den Lübecker Preis am 17. Januar im dortigen | |
Rathaus. | |
Alexander Diehl | |
20 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sueddeutsche.de/kultur/dana-von-suffrin-otto-1.4573870 | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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