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# taz.de -- Zwei zu null für Enteignung
> Nach den Linken sind nun auch die Grünen für das
> Enteignungs-Volksbegehren. Aber nur als letztes Mittel gegen
> Mietenwahnsinn
Bild: Noch-Eigentum der Deutsche Wohnen in Kreuzberg
Von Stefan Alberti
Die rot-rot-grüne Koalition steht mehrheitlich hinter dem Volksbegehren
„Deutsche Wohnen & Co. enteignen“. Nach der Linkspartei, die das schon im
Dezember beschloss, unterstützen nun auch die Grünen die Initiative. Bei
einem Kleinen Parteitag am Mittwochabend beschlossen sie ohne Gegenstimme
einen Antrag ihres Landesvorstands, der die Ziele des Volksbegehrens
unterstützt und unter anderem Enteignung „als letztes Mittel“ vorsieht. Nur
die SPD hat sich noch nicht entschieden: Sie verschob bei ihrem jüngsten
Parteitag Ende März die Entscheidung auf den Herbst.
Die grüne Parteiführung um die Vorsitzenden Werner Graf und Nina Stahr
hatte sich schon vergangene Woche auf den Kurs pro Enteignung festgelegt.
Graf forderte im taz-Interview eine Politik, die sich mehr trauen müsse –
„die privaten Investoren lachen sich doch ins Fäustchen“. Diese Haltung
vertrat Graf auch am Mittwochabend: „Ja, wir Grüne sind für Artenvielfalt �…
aber auf dem Wohnungsmarkt haben Haie nichts zu suchen.“
Der Parteichef widersprach jüngsten Meldungen, wonach sich der
Wohnungsmarkt entspanne. „Gar nichts ist gut, die Mieten sind nur nicht
mehr so stark gestiegen“, sagte er, jeder vierte Umzug habe als Grund
Verdrängung. Graf betonte, dass seine Partei aber nicht nur auf Enteignung
setze, sondern auf mehrere Maßnahmen, die der rot-rot-grüne Senat alle
„sofort und gleichzeitig“ verfolgen soll. Dazu gehört unter anderem, läng…
leer stehende Häuser durch die Wohnaufsicht der Bezirke zu beschlagnahmen
und zu vermieten, außerdem ein auf fünf Jahre angelegter Mietendeckel, der
Mieten einfrieren oder sogar senken soll, „bedarfsgerechter und
umweltverträglicher Neubau von Wohnungen“ sowie eine Taskforce gegen
Spekulation.
Die Grünen kritisieren allerdings, dass das Volksbegehren pauschal alle
Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen enteignen will, egal wie
die mit ihren Mietern umgehen. Beispiel dafür war am Mittwochabend das gut
beleumundete Union-Hilfswerk. Die Partei fordert deshalb statt einer rein
quantitativen Grenzziehung eine qualitative, die sich unter anderem daran
bemessen soll, ob Vermieter den Mietspiegel einhalten.
Landeschef Graf kritisierte seine Koalitionspartner, vor allem die
Linkspartei: Die hat im Europa-Wahlkampf Plakate pro Enteignung aufgehängt
und wirbt dafür, für das Volksbegehren zu unterschreiben. Graf nannte das
„absurd“, weil die Linke doch die Stadtentwicklungssenatorin stellt. „Wenn
sie ein Gesetz wollen, dann sollen sie es endlich auf den Weg bringen und
nicht Plakate kleben“, sagte Graf. Auch die SPD wolle man in die Pflicht
nehmen.
Nach Vorstellung der Grünen ist aktuell der Zeitpunkt erreicht, in einen
Dialog einzutreten und mit den Initiatoren des Volksbegehrens über ein
Gesetz zu verhandeln. Hintergrund ist, dass die Enteignungsinitiative
mutmaßlich bereits weit mehr als die nötigen 20.000
Unterstützungsunterschriften gesammelt hat, die nötig sind, um das Anliegen
in die zweite Stufe zu tragen. Danach wäre es nicht mehr möglich, das
Verfahren anzuhalten: Kommen im zweiten Schritt rund 175.000 Unterschriften
zusammen, muss es einen Volksentscheid geben.
An einem „runden Tisch“ wollen die Grünen alle Beteiligten von
Mieterinitiativen bis hin zu Wohnungsunternehmen zusammenholen und
„weitgehende Maßnahmen zum Schutz der Mieter erarbeiten“. Die
wohnungspolitische Sprecherin der Abgeordnetenhausfraktion, Katrin
Schmidberger, fasste die Haltung ihrer Partei bildhaft zusammen: „Wer
unsere Stadt zur Beute macht, dem stellen wir uns mit aller Macht
entgegen.“
17 May 2019
## AUTOREN
Stefan Alberti
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