# taz.de -- „Ich glaube nicht an Plakat-Aktionen“ | |
> Volleys-Chef Kaweh Niroomand glaubt, dass die Werte des Sports besser | |
> vermittelt werden müssen. Ein Gespräch über soziale Projekte gegen rechte | |
> Tendenzen | |
Interview Alina Schwermer | |
taz: Herr Niroomand, Sie haben mal in einem Interview über | |
Rechtsextremismus einen interessanten Satz gesagt: Wir wollen als Sport | |
nicht Leute abschrecken, sondern Leute zusammenführen, und uns trotzdem | |
klar positionieren. Wie funktioniert das? | |
Kaweh Niroomand: Der Sport darf keine Parteipolitik machen. Wir wollen | |
nicht aufrufen, morgen eine bestimmte Partei zu wählen. Aber wir müssen | |
unsere Werte viel deutlicher machen und uns damit abgrenzen. Wenn Sport für | |
Integration, für Inklusion und so weiter ist, heißt das, dass er für | |
bestimmte Gruppen wie Rechtsextreme nicht infrage kommt. Wir müssen bei den | |
öffentlichen Debatten die Räume besser besetzen mit den Werten des Sports, | |
geprägt von der ursprünglichen Idee von Olympia. | |
Das ursprüngliche Olympia hat doch viele Gruppen ausgeschlossen, etwa | |
Frauen und Arbeiter. Ist Sport wirklich so integrativ? | |
Es hat eine Entwicklung stattgefunden, die Schwachstellen zu beheben. | |
Schauen Sie, welche Aufmerksamkeit der Behindertensport heute bekommt. Der | |
Ursprungsgedanke des Sports ist Verständigung. | |
Wie hilft das gegen Rechtsextremismus? | |
Wir haben bei den Volleys kein Aktionsprogramm gegen Rechtsextremismus. | |
Damit wären wir auch überfordert als Verein. Aber wir haben viele soziale | |
Projekte, die verhindern können, dass rechter Populismus oder auch linker | |
Populismus an Gewicht gewinnen. Wir unterstützen seit Jahren die | |
Herzstiftung und die Suchtklinik der Vivantes, und als neuestes Projekt | |
Obdachlose mit der Bahnhofsmission. Populisten haben dann weniger Chancen. | |
Das ist auch Aktion gegen Rechts. | |
Warum tun Sie nichts konkret gegen Rechtsextremismus? | |
Das ist vielleicht eher eine praktische Frage. Wir haben viele andere | |
Themen, es ist ein zeitliches Problem und ein Ressourcenproblem. Mit einer | |
Stellungnahme ist es ja bei dem Thema nicht getan, es geht um | |
Nachhaltigkeit. | |
Der Fußball hat mit seinem Engagement für Toleranz neue Maßstäbe im Sport | |
gesetzt. Was hat das eigentlich mit den anderen Sportarten gemacht? | |
Natürlich war das ein guter Anstoß. Aber beim Fußball war es auch sehr | |
konkret nötig, durch rechte Tendenzen in den Fanszenen. Rechtsextremisten | |
suchen sich immer die große, dunkle Masse. In den anderen Ballsportarten, | |
auch im Volleyball, haben wir so was nicht, da gibt es niemanden, der | |
Bananen auf ausländische Spieler wirft. Deshalb war eine Reaktion bislang | |
nicht notwendig. Aber den Anstoß, dass man aufmerksam sein muss, haben wir | |
aufgenommen. | |
Fehlt Ihnen mit weniger Masse aber nicht auch der Motor, um Aktionen zu | |
starten? Im Fußball wird der Kampf gegen Rechtsextremismus vielfach von | |
Fans getragen. | |
Wenn irgendwo ein Problem herrscht, entwickelt sich natürlich eine | |
Gegenbewegung. Aber ehrlich gesagt, mir ist es lieber, dass wir den Motor | |
nicht brauchen. | |
Warum sollten sich Sportvereine überhaupt gegen Rechts positionieren? | |
Musikschulen oder Freizeitvereine tun es ja meist auch nicht. | |
Es macht für Sportvereine keinen Sinn, ein Pamphlet rauszugeben. Wenn ein | |
Verein rechte Tendenzen bemerkt, muss er konkret was tun. Wenn es keine | |
gibt, haben aber gerade die Profivereine, die Leuchttürme, trotzdem eine | |
Botschaft zu verkünden. Es ist nachhaltiger, wenn man dabei Position | |
bezieht. | |
Berührt das den durchschnittlichen Fan? | |
Ich bin überzeugt, dass Sportler einen riesigen Einfluss auf die | |
Meinungsbildung haben. | |
Wirklich? Sie glauben, eine einzige Plakat-Aktion kann die Meinung von | |
vielen Sportfans ändern? | |
Nein, ich glaube nicht an Plakat-Aktionen. Ich glaube an Nachhaltigkeit. | |
Im vergangenen Jahr gab es viel Aufmerksamkeit für Peter Fischer, den | |
Präsidenten von Eintracht Frankfurt, der gesagt hat, niemand könne bei | |
ihnen Mitglied sein, der die AfD wählt. | |
Ich fand es toll, was er gesagt hat, und mutig. Ich finde es aber nicht | |
unbedingt richtig, denn damit macht er die AfD wichtiger als sie ist. | |
Grundsätzlich würde ich die Herausforderung annehmen, sich mit AfD-Wählern | |
auseinanderzusetzen. Wenn ein Mitglied sich etwa antisemitisch äußert, | |
würden wir es natürlich ausschließen. Aber Pauschalurteile helfen nur der | |
AfD. | |
Haben Randsportvereine wie Sie mehr Sorgen, mit einer Positionierung gegen | |
Rechts Menschen zu verprellen? | |
Nein, das haben wir nicht. Und ich sehe uns auch nicht als Randsportverein. | |
Im vergangenen Jahr hatten Sie eine gemeinsame Aktion der Berliner | |
Profivereine gegen Rechts angekündigt. Warum ist daraus eigentlich nichts | |
geworden? | |
Wir sind in dem Prozess noch nicht am Ende. Das ist eher der Tagesarbeit | |
geschuldet. Als wir darüber diskutiert haben, war gerade Sommerpause. Dann | |
kamen der Alltag und die Alltagsprobleme, und es ist etwas in Vergessenheit | |
geraten. Aber Einigkeit, dass wir was machen wollen, gibt es. | |
2 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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