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# taz.de -- Bremens Einigkeit verraucht
> Entkriminalisierung von Cannabis doch gestoppt
Von Jan-Paul Koopmann
Zu alter Form gefunden hat diese Woche die Bremer Sozialdemokratie. Da
hatte Rot-Grün im Koalitionsvertrag 2015 noch wild und progressiv die
Entkriminalisierung von Cannabis zum Eigengebrauch angestrebt und sogar ein
Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe auf der Agenda. Vorsichtig wollte
man das machen, wissenschaftlich begleitet und mit strenger Beachtung des
Jugendschutzes. Umso verdutzter waren die Grünen am Montag, als die SPD die
Pläne kassierte: mit einem harschen „Nein“ zu einem ohnehin arg
weichgespülten Gehversuch in dieser Richtung.
Beim Besitz von bis zu zehn Gramm Cannabis solle die Staatsanwaltschaft
künftig von der Strafverfolgung absehen, so der grüne Antrag. Das wäre ein
Drittel etwa der in Schleswig-Holstein geduldeten Menge und auch in Bremen
nichts Neues. Bis 2005 sei das ja bereits so gehandhabt worden, sagen die
Grünen. Aber nein, die SPD spielt nicht mehr mit. Pech für Kiffer*innen –
und blamabel für Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). Der war 2015 mit dem
Koalitionsvertrag im Gepäck auf Tour durch Spiegel, Bild, Stern, Welt und
FAZ gegangen und hatte als fortschrittlicher Prohibitionsgegner Punkte
gesammelt.
Gut, das Modellprojekt zur Freigabe ist zwischenzeitlich erwartungsgemäß im
Bundesrat gescheitert. Auch zu Hause in Bremen hat die Polizei mit Funden
von Großplantagen und regelmäßigen Razzien gegen Straßendealer ein anderes
Stimmungsbild geschürt. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) war sowieso gegen
die Lockerung. Und wenn Bremens SPD-Vorsitzende Sascha-Karolin Aulepp nun
sagt, Bremen habe weiß Gott auch größere Probleme als die
Prohibitionsdebatte und dass eine „Insellösung“ ohne Mitwirkung der
Flächenländer drumherum keine wirkliche Option sei – dann ist das sicher
auch nicht ganz falsch. Aber echte Neuigkeiten sind es dann eben auch
wieder nicht. Das war 2015 nicht anders.
Grüne, Jusos und Linke reden nun vom Koalitionsbruch und setzen auf den am
12. Februar tagenden Koalitionsausschuss. Besonders zuversichtlich klingt
dabei allerdings niemand. Es scheint eher, als wäre der Aufbruch wieder
vorbei. Unklar bleibt, ob es die Angst vor der eigenen Courage ist, von der
sich die SPD treiben lässt, eine Machtdemonstration oder die Sorge um eine
CDU, die politisches Kapital aus dem zaghaften Schritt in Richtung
Legalisierung schlagen könnte.
Mindestens ist der Rückschritt Spiegel einer verschobenen öffentlichen
Debatte, in der mit Freiheit heute wenig zu gewinnen ist, während das
innenpolitische Profil der SPD tatsächlich großen Schaden nehmen könnte.
27 Jan 2018
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
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