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Bild: Gucci: Herbst/Winter- Damen-Kollektion 2018/19
Es wird opulent. Mit Brokat und Samt, Schleifen und Rüschen, aufwendigen
Kragen und Halsbändern. Das hat zumindest Lidewij Edelkoort kürzlich
vorausgesagt. Sie gilt als Modetrendforscherin Nummer eins und hat
eigentlich immer recht.
Aufwendig gearbeitete Schulterpartien sah man ja schon 2017: Grandios die
XL-Schulterpolster beim Balenciaga-Trenchcoat aus Baumwoll-Twill mit
verdeckter Kopfleiste oder bei den Anzügen mit extremen Taillenabnähern von
Céline. Aber noch immer sind Schulterpolster fürchterlich unterschätzt, da
hilft auch kein noch so oft ausgerufenes 80s Revival. Deshalb ist die
kommende Opulenz eine andere. Also nicht jene wilde, hinreißende Mischung
aus Minimalismus und Grace-Jones-Schultern. Nein, Opulenz meint Opulenz:
Gerafftes, Gerüschtes, Plissiertes und Tüll. Und das alles sogar
hochgeschlossen viktorianisch.
Laut Edelkoort wird der Blick in die vergangenen Jahrzehnte, der die Mode
der letzten Jahre prägte, abgelöst von dem Blick in die vergangenen
Jahrhunderte. Ums klar zu sagen: Man katapultiert uns zurück ins
Mittelalter. Gewänder, Halskrausen, Kapuzen? All das wird in Ansätzen
bereits im Sommer 2018 zu sehen sein. Doch langsam, es kommt auf den Grad
der Dekonstruktion an. Hochgeschlossenes muss nicht gleich mormonenhaft
aussehen und eine Halskrause macht noch keine jungfräuliche Königin
Elizabeth I. Und hier kommen nun wieder die Schulterpolster ins Spiel. Sie
dekonstruieren very modern. Wem das nicht reicht, der trägt dicke
Wollsocken zu Sandalen. Auch das ist absolut angesagt.
Doch zurück zur Hals- und Schulterpartie. Kann man eine solche Fokussierung
vielleicht sogar psychologisch oder kulturhistorisch erklären. Edelkoort
meint, das alles habe ein bisschen mit einer neuen Prüderie und ein
bisschen was mit Komplexitätsreduktion in unruhigen Zeiten zu tun, vor
allem aber mit veränderten Sehgewohnheiten, zugespitzt gesagt: mit der
Reduzierung unseres Blicks auf die Handy-Selfie-Größe. Auch das eine
Rückkehr vor die Zeit der Renaissance, als man die Zentralperspektive noch
nicht (wieder)entdeckt hatte.
Und so führt also das ganz Neue zu dem ganz Alten. Doch auch das ist nicht
unumkehrbar. Denn was ist Mode anderes als diese Dialektik?
Tania Martini
5 Dec 2017
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Tania Martini
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