# taz.de -- High Heels von der Brache | |
> Kreuzberg Auf der ehemaligen Cuvry-Brache werden Büros gebaut – einziger | |
> Mieter wird der Onlinehändler Zalando. Aktivsten befürchten einen Schub | |
> für die Gentrifizierung | |
Bild: Brachland wird Zalandoland: Baustadtrat Florian Schmidt spricht von Disne… | |
von Erik Peter | |
Ins Selbstbild der hippen Internetmarke Zalando passt der Standort perfekt: | |
Die Cuvry-Brache, lange ein Symbol für das nicht kapitalisierbare | |
Kreuzberg, wird zum neuen Standort für den Modehändler. Wie das Unternehmen | |
aus dem Firmengeflecht der Samwer-Brüder bestätigte, wird es alleiniger | |
Mieter des dort entstehenden Gewerbezentrums. 34.000 Quadratmeter | |
Bürofläche will Zalando nutzen. Ende 2019 sollen die ersten von insgesamt | |
mehreren Hundert Mitarbeitern einziehen. | |
Beendet sind damit die Träume von einer Freifläche direkt an der Spree oder | |
den dringend benötigten Wohnungen im Wrangelkiez. Noch im Oktober sah es so | |
aus, als verstreiche die Baugenehmigungsfrist für das Projekt mit dem Titel | |
„Neue Spreespeicher“ ungenutzt. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg lauerte | |
schon darauf, die Fläche doch noch anders nutzen zu können. Doch seit | |
November rollen hinter hohen blickdichten Zäunen die Bagger. | |
Der Mietvertrag mit Zalando verspricht nun ein einträgliches Geschäft für | |
den Münchener Investor Artur Süßkind. Der ließ Anfang 2016 nach langen | |
Verhandlungen mit der Stadt die Pläne für eine Mischnutzung aus Wohnen, | |
Shoppen und Arbeiten platzen, weil er auf die Verpflichtung, 25 Prozent | |
Sozialwohnungen zu errichten, nicht eingehen wollte – und zog stattdessen | |
eine bereits 15 Jahre alte Genehmigung für eine ausschließliche | |
Gewerbenutzung aus der Schublade. | |
Zalando, das momentan etwa 5.500 Mitarbeiter in Berlin beschäftigt, will im | |
Rahmen des Konzepts „Zalando Campus“ die momentan quer über die Stadt | |
verstreuten Standorte bündeln. „Wir wollen sicherstellen, dass alle | |
Mitarbeiter kurze Wege haben“, so Sprecherin Nadine Przybilski zur taz. | |
Neben dem bereits bestehenden Hauptquartier gegenüber der East Side Gallery | |
in Friedrichshain wird gerade ein weiterer großer Komplex errichtet. 5.000 | |
Mitarbeiter sollen dann in Friedrichshain Platz finden. Das wachsende | |
Unternehmen braucht also weitere Räumlichkeiten in der Nähe – und da kommt | |
der „attraktive Standort Cuvry-Gelände“, wie Przybilski sagt, gerade recht. | |
Mit insgesamt 178.000 Quadratmetern wird Zalando nach der Bundesregierung | |
zum zweitgrößten Mieter der Stadt. | |
Für die Kreuzberger Stadtteilaktivsten von „Bizim Kiez“ sind das keine | |
guten Nachrichten. „Das ist ein Schub für die Gentrifizierung“, so Magnus | |
Hengge. Der Aktivist befürchtet „steigenden Druck auf den Wohnungs- und | |
Büromarkt im Kiez“. Platzbedarf entstehe sowohl durch die Mitarbeiter, die | |
in der Nähe wohnen wollen, als auch durch das Konzept von Zalando und | |
dessen Mutterfirma Rocket Internet, das darauf basiert, immer weitere | |
Firmen aus sich heraus zu entwickeln. Für Hengge hat die Nachricht dennoch | |
etwas Gutes: „Jetzt wissen wir endlich, wer unsere Gegner sind.“ | |
Bis zu einem Feuer im September 2014 stand auf der Cuvry-Brache ein | |
Hüttendorf, in dem zeitweise bis zu 100 Aussteiger, Roma und Flüchtlinge | |
wohnten. Nach dem Brand wurde das Gelände geräumt –, um dann ungenutzt zwei | |
weitere Jahre brachzuliegen. Anwohnerinitiativen, das Gelände zu nutzen, | |
kamen nie richtig in Schwung. „Erst jetzt wird den Leuten klar, was es | |
heißt, wenn eine Freifläche in so viel Bürofläche umgewandelt wird“, so | |
Hengge. Zalando kündigt er Widerstand an: „Wir arbeiten an einer | |
Strategie.“ | |
Für den Senat gibt es keine Möglichkeit mehr, in das Projekt einzugreifen | |
oder einen Baustopp zu rechtfertigen. Ein öffentlicher Zugang zur Spree | |
solle jedoch erhalten bleiben, auch ein Kieztreff sei auf dem Gelände | |
geplant. Der Baustadtrat des Bezirks, Florian Schmidt, äußerte sich auf | |
Facebook skeptisch: „Nach Aussage von Zalando stärken die kaufkräftigen | |
Mitarbeiter des Konzerns die Infrastruktur in Kiez. Waren die schon mal vor | |
Ort? Ich sehe hier eher die Gefahr der Disneyfizierung.“ | |
13 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |