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# taz.de -- Der König ist tot, es lebe der König
> ThronfolgeKann ein Kronprinz, dem der Ruf eines Playboys mit Spielsucht
> und Bayern-Faible vorauseilt, Thailand zusammenhalten? Der Tod des
> dienstältesten Königs der Welt kündigt unsichere Zeiten an. Die
> Intransparenz angesichts der Todesnachricht ist ein Signal
Bild: Angst um den Alten: Gebet und Vorahnung vor dem Siriraj Hospital, Bangkok…
Von Nicola Glass und Sven Hansen
BERLIN taz | Vor dem Eingang des Bangkoker Siriraj-Hospitals hatten sich
zuletzt immer mehr Menschen eingefunden: Unter Tränen hielten sie Bildnisse
von König Bhumibol Adulyadej empor und beteten für seine Genesung. Als
„instabil“ war sein Zustand zu Beginn der Woche offiziell bezeichnet
worden, aber schon seit Monaten wurde gemunkelt, er sei nicht mehr am
Leben. Um 15.52 Ortszeit sei er friedlich gestorben, teilte der Palast nun
am Donnerstag mit. Die seit dem Putsch vom Mai 2014 regierende Militärjunta
ordnete ein Jahr Staatstrauer an.
Während die Todesnachricht bereits im Verlauf des Tages kursierte, erfolgte
die offizielle Bestätigung erst am frühen Abend. Die Junta unter Diktator
Prayuth Chan-ocha und ihre Verbündeten versuchten offenbar, die
Todesmeldung so lange wie möglich aufzuschieben, obwohl sie nicht
überraschend war. Man habe sich präparieren wollen für den Fall, dass
politisches Chaos ausbreche, hieß es. Es geht wohl eher um die Befürchtung
des royalistischen Establishments, durch einen Wechsel auf dem Thron an
Einfluss und Privilegien zu verlieren. Denn ihren Machtanspruch bezogen
Thailands Militärs, egal ob aktive Generäle oder solche im Ruhestand, sowie
deren Vertraute aus Hofschranzen, Technokraten und Bürokraten vor allem aus
der Popularität, die König Bhumibol im Vergleich zu manch anderen
Mitgliedern des Königshauses genoss. Nicht zuletzt musste der „Schutz der
Monarchie“ immer wieder als Legitimation für Militärputsche herhalten.
Mit Kronprinz Maha Vajiralongkorn, den Bhumibol bereits 1972 als Nachfolger
benannt hatte, gelangt nun ein für seine Exzesse berüchtigter Lebemann und
Playboy auf den Thron, der selbst vielen Royalisten verhasst ist. Sogar der
Vorsitzende des einflussreichen Kronrats, der konservative 92-jährige
General und ehemalige Ministerpräsident Prem Tinsulanonda, soll große
Vorbehalte gegen den 6-Jährigen haben.
Der voraussichtliche neue König ging in England und Australien zur Schule
und zur Militärakademie. Er ist Pilot im Rang eines Generals. Aber es wird
ihm Spielsucht nachgesagt, die ihm unter anderem ausgerechnet der
Milliardär und frühere Premierminister Thaksin Shinawatra finanziert haben
soll, den das Militär 2006 wegputschte.
Bisher hielt der mehrfach geschiedene Vajiralongkorn sich viele Monate im
Jahr im Ausland auf, bevorzugt in Bayern. Dort kaufte er dieses Jahr in
Tutzing am Starnberger See die denkmalgeschützte Villa Stolberg. Zuvor
hatte er oft im Kempinski-Hotel München Quartier bezogen. An der Hotelkette
ist das Immobilienbüro des thailändischen Königshauses beteiligt. Im Juli
2011 ließ ein deutscher Richter die vom Prinzen benutzte Boeing 737 der
thailändischen Luftwaffe auf Münchens Flughafen pfänden, um einem
Schiedsspruch zur Geltung zu verhelfen, demzufolge Thailand einem deutschen
Baukonzern Geld schuldete. Der Prinz soll darauf schnell seinen Mercedes in
der Hotelgarage des Kempinski versteckt haben. Nach Tagen erklärte er sich
bereit, das Flugzeug auszulösen. Darauf gab die Regierung in Bangkok nach
und zahlte.
Auf dem Münchner Flughafen fotografierten Paparazzi auch den Prinzen und
seine Geliebte samt Schoßhündchen in unvorteilhafter Pose. Der halbnackte
Vajiralongkorn mit Rücken voller Tatoos wirkt dabei wie ein Mafiapate. Die
von der Bild-Zeitung verbreiteten Fotos wagte in Thailand niemand zu
drucken, sie machen in sozialen Netzwerken die Runde. Der Palast bezeichnet
sie als Fälschung.
Nicht nur all dies dürfte das Image der thailändischen Monarchie nun
erodieren lassen. Hinzu kommt, dass das seit Langem missbrauchte
drakonische „Gesetz gegen Majestätsbeleidigung“ fortan zum Schutze eines
unpopulären Mannes dient, der als „Rama X“ den Thron besteigen wird.
Thailands Militärs und ihre Verbündeten haben bislang dafür gesorgt, dass
sie als demokratisch nicht legitimierte Elite die politische Kontrolle im
Land behalten. Allein das hat zur gesellschaftlichen Spaltung beigetragen.
Unter König Vajiralongkorn könnte das Land unsicheren Zeiten entgegengehen.
Offen bleibt zudem, ob es Ende 2017 tatsächlich Wahlen gibt, wie es die
Junta versprochen hat.
14 Oct 2016
## AUTOREN
Nicola Glass
Sven Hansen
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