# taz.de -- Schutz vor der „Landesverrats“-Keule | |
> PRESSEFREIHEIT Die Grünen wollen das Strafrecht und die | |
> Strafprozessordnung ändern | |
Bild: Solidaritätsdemo für netzpolitik.org 2015 in Berlin | |
KARLSRUHE taz | Die Grünen wollen den Schutz von Journalisten vor | |
Strafverfolgung verbessern. Rund ein Jahr nachdem die Bundesanwaltschaft | |
zeitweise gegen die Blogger Markus Beckedahl und Andre Meister | |
(netzpolitik.org) wegen Landesverrata ermittelte, haben die Grünen einen | |
umfassenden Antrag in den Bundestag eingebracht. | |
Natürlich geht es dabei auch um die Strafvorschriften zum Landesverrat. So | |
soll der Begriff des „Staatsgeheimnisses“ präzisiert werden. Nur Dokumente, | |
die offiziell als „geheim“ eingestuft sind, sollen Staatsgeheimnisse sein | |
können. Bei den Dokumenten, die netzpolitik.org veröffentlichte (es ging um | |
eine neue Abteilung im Verfassungsschutz zur Auswertung von | |
Onlinekommunikation), war dies teilweise nicht der Fall. | |
Keine Staatsgeheimnisse, so die Grünen, seien Informationen, bei denen das | |
Interesse an der Veröffentlichung das Interesse der Geheimhaltung | |
überwiegt. | |
Die Regelbeispiele der Grünen machen aber deutlich, dass die Hürde vor der | |
Ausnahmeregelung sehr hoch liegt. So sollen Informationen über schwere | |
Straftaten, Grundrechtsverletzungen oder den Bruch von | |
Rüstungskontrollverträgen künftig kein Staatsgeheimnis mehr sein. Von | |
dieser Ausnahmeklausel hätten die netzpolitik-Blogger nicht unbedingt | |
profitieren können. | |
Daneben soll in einer Generalklausel (§ 31a Strafgesetzbuch) | |
festgeschrieben werden, dass sich Journalisten, die geheime Informationen | |
entgegennehmen, auswerten und veröffentlichen, nie wegen Beihilfe und | |
Anstiftung zu anderen Taten strafbar machen. Das soll auch bei Landesverrat | |
gelten. Allerdings wurde gegen Beckedahl und Meister nicht nur wegen | |
Teilnahme an Landesverrat, sondern als Haupttäter ermittelt. | |
Die Grünen haben den Fall Netzpolitik zum Anlass genommen, zahlreiche | |
weitere Verbesserungen für Journalisten zu fordern. So sollen Ermittlungen | |
bei Journalisten (die nicht selbst verdächtigt werden) künftig dann | |
unzulässig sein, wenn die Polizei dabei auf Informationen stoßen könnte, | |
die vom Zeugnisverweigerungsrecht geschützt sind. Journalisten sollen so | |
mit Geistlichen, Abgeordneten und Strafverteidigern gleichgestellt werden. | |
Wer wörtlich aus Ermittlungsakten zitiert, soll sich nicht mehr strafbar | |
machen. Relevant ist das für den Prozess gegen den Regisseur Daniel | |
Harrich, dem die Staatsanwaltschaft Stuttgart nach einem Dokumentarfilm | |
über die Rüstungsschmiede Heckler & Koch die „wörtliche Wiedergabe“ | |
amtlicher Schriftstücke eines Strafverfahrens (§ 353d Nr. 3 StGB) vorwarf. | |
Außerdem soll klargestellt werden, dass „journalistische | |
Gelegenheitsblogger“ genauso gut geschützt werden wie hauptberufliche | |
Journalisten. | |
Zudem soll es auch eine strafrechtliche Schutzklausel für Whistleblower | |
geben. Wer Dienstgeheimnisse veröffentlicht, soll nicht bestraft werden | |
können, wenn dabei eine schwere Straftat oder Grundrechtsverletzungen | |
verhindert werden oder wenn eine Gefahr für Leib, Leben, Umwelt oder die | |
„Stabilität des Finanzsystems“ bestand, fordern die Grünen. | |
Christian Rath | |
25 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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