| # taz.de -- Abwahl-Krimi an der Uni Hamburg: Raketenforscherin unter Beschuss | |
| > An der Uni Hamburg wollen Professoren die Präsidentin Monika | |
| > Auweter-Kurtz stürzen. Sie hat sich mit einem autoritären Führungsstil | |
| > unbeliebt gemacht. | |
| Bild: Mitarbeiter berichten, dass in diesem Umfeld kein kritischer Diskurs gew�… | |
| Mit Spannung wird an der Uni Hamburg der Mittwoch erwartet. Bis Dienstag um | |
| Mitternacht sammeln drei Hochschullehrer, die anonym bleiben wollen, unter | |
| den Professoren Stimmen für die Abwahl der Präsidentin Monika | |
| Auweter-Kurtz. Am Mittwochmorgen werden sie wissen, ob die vor zwei Wochen | |
| gestartete Revolte glückt. | |
| Auweter-Kurtz erklärte, sie sehe „keine große Kluft“ zwischen sich und der | |
| Mehrheit der Professoren. "Dieses Schreiben haben nur drei unterschrieben. | |
| Warten wir doch mal ab." Die Protestler seien nur eine Minderheit, die sich | |
| „neuen Ideen“ verweigere. Doch es gibt bislang unter den rund 600 | |
| Professoren keine Pro-Präsidentin-Initiative. | |
| Die aus Schwaben stammende Raketenforscherin soll wegen ihres „autoritären | |
| Führungsstils“ abgewählt werden. Sie hat in zwei Jahren ein Klima der Angst | |
| geschaffen. Gestandene Hochschullehrer haben „Schiss“, ihre Meinung zu | |
| sagen, weil sie Kollegen kennen, bei denen ein falsches Wort genüge, um in | |
| Ungnade zu fallen. Das ist eine Kultur, die einer Hochschule nicht würdig | |
| ist, mahnen drei ehemalige Vize-Präsidenten und 21 Studierende aus den | |
| Fakultätsräten. | |
| Unter diesem Stil litten zunächst nur einzelne. Zwei Studenten, die ohne | |
| Anmeldung bei ihrer Amteinführung erschienen, verklagte Auweter-Kurtz wegen | |
| Hausfriedensbruchs. Eine Historikerin, die sich in einer TV-Sendung | |
| kritisch zur Bezahlung von Lehrbeauftragten äußerte, verlor sofort ihren | |
| Lehrauftrag. Es folgte der Maulkorberlass. Auweter-Kurtz forderte allen | |
| Professoren ab, sich hochschulpolitisch nicht ohne Absprache mit der | |
| Pressestelle zu äußern. | |
| Die Präsidentin geriet als „Raketen-Moni“ in die Schusslinie. Doch als sie | |
| kurz darauf dem damaligen Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) in | |
| zähen Verhandlungen mehr Geld für Master-Studienplätze abrang, verstummte | |
| die öffentlich wahrnehmbare Kritik. | |
| Erst als Auweter-Kurtz im vorigen Herbst den maroden Zustand der Uni | |
| skandierte und einen Totalumzug in den Hamburger Hafen forderte wurde | |
| spürbar, dass etwas nicht stimmt. In der Zwischenzeit, so hört man, hatte | |
| die konservative Stuttgarterin fast jeden im Uni-Apparat, der im Ruch | |
| stand, mit Rot-Grün zu sympathisieren, von seiner Position verdrängt. Die | |
| Pressearbeit zum Thema Führungskrise, zum Beispiel, macht seit neustem ein | |
| externer PR-Spezialist. In ihrem Umfeld sei ein kritischer Diskurs nicht | |
| gewünscht, berichten Mitarbeiter. Im Präsidium reizt sie ihre | |
| Richtlinienkompetenz voll aus. Und von Bewerbern für das Amt eines Dekans | |
| erwartet sie, dass sie die oben getroffenen Entscheidungen an ihren | |
| Fakultäten durchsetzen. | |
| Die Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sucht etwa seit | |
| anderthalb Jahren einen Dekan. „Da sind Bewerber, die anderswo längst | |
| Uni-Präsident sind, abgesprungen, weil sie von der Präsidentin in ein | |
| Stab-Linien-Modell eingeengt werden sollten“, berichtet der | |
| Politikprofessor Michael Th. Greven. Er sieht die Ursache für die Probleme | |
| teils in der Person der Präsidentin, teils aber auch im Hochschulgesetz | |
| begründet, das der neoliberale Senator Dräger hinterließ. | |
| Dabei blieb kein Stein auf dem anderen. Die akademische Selbstverwaltung | |
| wurde abgeschafft, Ämter werden seither nach „Top down“-Prinzip besetzt. | |
| Die Präsidentin wird nicht von der Hochschule gewählt, sondern von einem | |
| externen Hochschulrat, dem auch Vertreter von Sparkasse und Unilever | |
| angehören. Ihre drei Stellvertreter werden von der Präsidentin ausgeguckt. | |
| Und die Fakultäten dürfen ihre Dekane zwar noch wählen, sie kommen aber nur | |
| ins Amt, wenn die Uni-Chefin sie „bestätigt“. | |
| Hier knallte es jüngst, weil die Geisteswissenschaften mit Hans-Martin | |
| Gutmann einen Dekan gewählt hatten, der Kritisches äußerte. Auweter-Kurtz | |
| verweigert seine Bestätigung. | |
| Nun kommt die Politik ins Spiel. In einem neuen Gesetz plant die | |
| schwarz-grüne Regierung in Hamburg, den Fakultäten das Recht, ihren Dekan | |
| zu wählen, auch noch zu nehmen. Damit würde der kollegiale Umgang an der | |
| Uni „vollends vom autoritären Führungsstil verdrängt“, warnt die | |
| Vorsitzende der GEW-Hochschulgruppe, Professor Margret Bülow-Schramm und | |
| fordert von der Politik, „die Reißleine zu ziehen“. | |
| Doch die Grünen sind in Hamburg stark mit der Primarschulreform beschäftigt | |
| und haben diesen Konflikt verschlafen. Dabei steht im schwarz-grünen | |
| Koalitionsvertrag, dass das Drägersche Gesetz auf den Prüfstand soll. | |
| Wenn in der Nacht zum Mittwoch genug Stimmen für einen Abwahlantrag | |
| vorliegen, liegt der Ball ziemlich bald beim Hochschulrat. Formal, so hat | |
| Dräger es bestimmt, kann nur er die Präsidentin abwählen. Doch ist es am | |
| Ende allein ein externes Gremium, das eine unbeliebte Präsidentin hält, | |
| wird es Zeit, diese rechtliche Konstruktion zu überprüfen. | |
| 8 Jun 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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