# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Angriff auf Cherson | |
> Russische Truppen haben seit Samstag mehrfach die zurückeroberte Stadt | |
> Cherson beschossen. In der Ukraine ist zu 80 Prozent die Stromversorgung | |
> wieder hergestellt. Präsident Selenski verspricht die Sicherung der | |
> Getreidelieferungen. | |
Bild: Kürzlich bei Angriffen beschädigt: Gebäude in Cherson | |
## Gouverneur von Cherson: Mehr als 50 Angriffe | |
Die russische Armee hat das von ukrainischen Truppen zurückeroberte Gebiet | |
Cherson nach Angaben der regionalen Militärverwaltung seit Samstag mehr als | |
50 Mal beschossen. Militärgouverneur Jaroslaw Januschewitsch warf Russland | |
am Sonntag Terror und gezielte Angriffe auf Zivilisten vor. Im | |
Nachrichtenkanal Telegram berichtete er von einem Toten und zwei | |
Verletzten. Granaten hätten auch Wohnhäuser getroffen. Mehrere Ortschaften | |
entlang dem nordwestlichen Ufer des Flusses Dnipro seien unter Beschuss. | |
Die Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar. | |
Die Lage in der Stadt Cherson ist auch wegen der Zerstörungen der | |
Stromleitungen und der Infrastruktur kritisch. Nach und nach werden nach | |
Angaben der Militärverwaltung die Haushalte wieder an das Stromnetz | |
angeschlossen. Fünf Prozent der Bewohner hätten wieder Licht in ihren | |
Wohnungen. Auch ein Krankenhaus habe wieder Strom. Wegen der schwierigen | |
Lage hatte die ukrainische Regierung vor wenigen Tagen erste Zivilisten aus | |
der zurückeroberten Stadt evakuiert. Mit dem Zug wurden rund 100 Menschen | |
nach Chmelnyzkij in den Westen des Landes gebracht. | |
Unter dem Druck ukrainischer Angriffe hatten russische Truppen Cherson nach | |
mehr als acht Monaten Besatzung Mitte November geräumt. (dpa) | |
## EU-Politiker mahnen zur Vorbereitung bei der Unterbringung von weiterer | |
Geflüchteter aus der Ukraine | |
EU-Politiker haben mehr europäische Solidarität bei der Unterbringung | |
ukrainischer Geflüchteter angemahnt. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im | |
EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), sagte zur „Bild am Sonntag“ in Berlin: | |
„Wenn jetzt über den Winter hinweg weitere Ukrainer durch die russischen | |
Bombardements und Angriffe gezwungen werden zu fliehen, dann muss das | |
westliche Europa mehr Verantwortung übernehmen.“ Diese beispiellose | |
Herausforderung müsse von allen EU-Staaten solidarisch getragen werden. | |
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind in | |
Deutschland rund eine Million Kriegsflüchtlinge angekommen. Zudem ist in | |
diesem Jahr auch die Zahl der Asylanträge von Menschen aus anderen Ländern | |
wie Syrien oder Afghanistan nach einem Tief in der Corona-Pandemie wieder | |
gestiegen. Wie eine Umfrage des epd ergab, bereiten sich die Bundesländer | |
auf mehr Flüchtlinge im Winter vor. Mancherorts werden auch wieder | |
Notunterkünfte in Zelten und Messehallen eingerichtet. | |
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson ergänzte in der Zeitung, dass Ukrainer | |
überall in der EU den gleichen Zugang zu den Sozialsystemen hätten. Die EU | |
habe außerdem alles darangesetzt, Ukrainer umfassend über ihre | |
Möglichkeiten zu informieren. „In den vergangenen neun Monaten sind | |
Geflüchtete aus der Ukraine überwiegend dorthin gegangen, wo sie Freunde | |
oder Familie haben, auch die Nähe zu ihrer Heimat und die Vertrautheit der | |
Kultur haben eine Rolle gespielt“, sagte Johansson. | |
In Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten intensiviere die EU Anstrengungen, | |
um für den Winter und mögliche Neuankömmlinge vorbereitet zu sein. Die | |
Solidarität unter den EU-Ländern sei intakt. „Mitgliedsstaaten, die noch | |
Kapazitäten haben, steigern ganz klar ihre Bemühungen, um Mitgliedsstaaten | |
zu helfen, die an der Kapazitätsgrenze sind“, sagte Johansson „Bild am | |
Sonntag“. (epd) | |
## Kriegsverbrechen in Ukraine Thema beim G7-Treffen | |
Die Justizminister der G7-Staaten wollen sich für die Verfolgung von | |
Kriegsverbrechen in der Ukraine einsetzen. „Wir werden vor allem über die | |
entsetzlichen Kriegsverbrechen sprechen, die auf dem Gebiet der Ukraine | |
verübt werden und die wir verfolgen und bestrafen wollen“, sagte | |
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Samstag in einem auf Twitter | |
veröffentlichten Video mit Blick auf das G7-Treffen der Justizminister am | |
Montag und Dienstag in Berlin. Dazu werde man eine effizientere | |
Koordination der Ermittlungen verabreden. | |
„Das Völkerstrafrecht fußt auf einem kraftvollen Versprechen, nämlich | |
Kriegsverbrechen dürfen nicht straflos bleiben, egal wo sie begangen | |
werden, egal wer sie verübt. Dieses Versprechen zu halten, ist unsere | |
Pflicht“, sagte Buschmann. Dazu sei das G7-Treffen wichtig. Deutschland hat | |
noch bis Jahresende den Vorsitz der Gruppe von sieben wirtschaftsstarken | |
Demokratien. | |
Russland führt seit dem 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. | |
Die Ukraine stößt in befreiten Gebieten nach offizieller Darstellung auf | |
immer mehr Beweise für Gräueltaten der einstigen russischen Besatzer. Die | |
ukrainischen Behörden registrierten nach offiziellen Angaben bislang mehr | |
als 45 000 Kriegsverbrechen. Russland wirft wiederum der Ukraine | |
Kriegsverbrechen vor. (dpa) | |
## Britischer Geheimdienst geht von russischen Verlusten in der Region | |
Donezk | |
Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste in der schwer | |
umkämpften Region Donezk viele Gefallene zu beklagen. Rund um die Städte | |
Pawliwka und Wuhledar im Süden der Region habe es in den vergangenen zwei | |
Wochen intensive Kämpfe mit schweren Verlusten für die russische | |
Marineinfanterie gegeben, hieß es am Sonntag in einem Bericht des | |
britischen Verteidigungsministeriums. London wertet die Kämpfe auch als | |
Zeichen dafür, dass Russland die Region als möglichen Startpunkt einer | |
Offensive Richtung Norden sieht. | |
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des | |
russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf | |
Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit | |
will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung | |
entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft | |
London eine Desinformationskampagne vor. (dpa) | |
## Stromversorgung in der Ukraine | |
Nach den russischen Angriffen auf die Infrastruktur der Ukraine haben | |
Reparaturtrupps ihre Arbeit zur Wiederherstellung der Strom- und | |
Wasserversorgung fortgesetzt. Etwa 80 Prozent der Nachfrage nach Strom | |
würden wieder gedeckt, erklärte der staatliche Energieversorger Ukrenerho | |
am Sonntag. Tags zuvor waren es noch 75 Prozent. | |
Auch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew gibt es fast überall wieder Strom. | |
Seit Sonntagmorgen sei die Versorgung mit Strom, Wasser, Wärme und | |
Mobilnetz in der Drei-Millionen-Einwohner-Metropole nahezu vollständig | |
wiederhergestellt, teilte die Militärverwaltung im Nachrichtenkanal | |
Telegram mit. Die Reparaturarbeiten am Stromnetz befänden sich in der | |
Endphase. Aufgrund der hohen Belastung könne es noch zu lokalen Ausfällen | |
kommen. | |
Wegen der tagelangen Stromausfälle in Kiew hatte zuvor Präsident Wolodimir | |
Selenski Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko ungewöhnlich offen | |
kritisiert. Der ehemalige Box-Weltmeister warnte daraufhin vor politischem | |
Streit und rief zu Zusammenhalt auf. Klitschko versicherte in der „Bild am | |
Sonntag“, dass in „Rekordtempo“ an der Wiederherstellung der | |
Stromversorgung gearbeitet werde. | |
Mit Dutzenden Raketen und Marschflugkörpern hatte Russland am Mittwoch | |
gezielt die Energie-Infrastruktur des Nachbarlandes beschossen und schwere | |
Schäden angerichtet. Auch in vielen anderen Landesteilen fielen Strom, | |
Wasser und Wärmeversorgung aus. Russland führt seit dem 24. Februar einen | |
Angriffskrieg gegen die Ukraine. (dpa) | |
## Raketen treffen Stadt Krywyj Rihv | |
Bei einem russischen Raketenangriff ist nach ukrainischen Angaben die | |
Großstadt Krywyj Rih im Süden des Landes getroffen worden. Zwei Raketen | |
hätten am Sonntagmorgen eine Verkehrsinfrastruktureinrichtung zerstört, | |
teilte Militärgouverneur Walentyn Resnitschenko im Nachrichtenkanal | |
Telegram mit. Einzelheiten nannte er nicht. Die Militärverwaltung rief die | |
Bevölkerung auf, sich in Luftschutzkellern in Sicherheit zu bringen. In der | |
Stadt sei es zu Explosionen gekommen. Über Opfer wurde zunächst nichts | |
bekannt. | |
In mehreren Gebieten im Osten und Süden der Ukraine wurde Luftalarm | |
ausgelöst. Auch der Bezirk Nikopol nördlich des Flusses Dnipro wurde nach | |
ukrainischen Angaben mit Granaten und schwerer Artillerie beschossen. In | |
der Nacht zum Sonntag trafen außerdem zwei Raketen einen | |
landwirtschaftlichen Betrieb in einem Vorort der südukrainischen Stadt | |
Saporischschja, wie das Militär mitteilte. Tote oder Verletzte habe es | |
nicht gegeben. | |
Am Samstag waren bei erneuten russischen Raketenangriffen auf die | |
ukrainische Industriestadt Dnipro nordöstlich von Krywyj Rih laut | |
Militärgouverneur Resnitschenko, mindestens 13 Menschen verletzt worden. | |
Russland führt seit mehr als neun Monaten einen Angriffskrieg gegen das | |
Nachbarland. (dpa) | |
## Selenski verspricht Getreidelieferungen | |
Die Ukraine will nach Angaben von Präsident Wolodimir Selenski mithilfe der | |
westlichen Industriestaaten Getreide für 150 Millionen Dollar an die | |
ärmsten Länder der Erde liefern. „Ernährungssicherheit ist eines der | |
Schlüsselelemente globaler Stabilität“, sagte der 44-Jährige am Samstag in | |
seiner täglichen Videoansprache. Das Programm „Getreide aus der Ukraine“ | |
präsentierte er als wichtigen Schritt zur Bekämpfung der weltweiten | |
Lebensmittelkrise. | |
Nach dem Ende der russischen Seeblockade habe die Ukraine über ihre | |
Schwarzmeerhäfen bereits 12 Millionen Tonnen Lebensmittel in 40 Länder | |
verschifft. „Davon sind mehr als 2,5 Millionen Tonnen für Länder bestimmt, | |
die nicht nur von Nahrungsmittelknappheit, sondern auch von einer schweren | |
Krise betroffen sind“, berichtete Selenskyj. Mit der neuen | |
Getreideexportinitiative sollen seinen Angaben nach diese Lieferungen | |
ausgebaut werden. Laut dem ukrainischen Präsidenten bereitet das Land 60 | |
Getreideschiffe für arme Länder vor. Finanziell unterstützt werde Kyjiw | |
dabei von mehr als 20 Ländern, die bereits 150 Millionen Dollar für die | |
Lieferungen zugesagt hätten. | |
Die Initiative dient offenbar dazu, die bislang im Ukrainekrieg weitgehend | |
neutralen Staaten Afrikas und Asiens auf Kyjiws Seite zu ziehen. Moskau | |
seinerseits hatte zuletzt dem Westen die Schuld an der weltweiten | |
Lebensmittelkrise gegeben. Seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine stellte | |
Kremlchef Wladimir Putin als Abwehr westlicher Hegemonieansprüche dar. | |
Russland versucht nach Experteneinschätzungen so, sich an die Spitze der | |
Antikolonialbewegung zu setzen und die Sympathien der ärmeren Länder zu | |
gewinnen. Die meisten dieser Länder haben – im Gegensatz zum Westen – noch | |
nicht eindeutig Stellung bezogen in dem Krieg. | |
## Gedenken an Holodomor | |
Die Ukraine hat am Samstag der von der Sowjetführung vor 90 Jahren | |
verursachten Hungersnot Holodomor gedacht. Auch die Regierungschefs von | |
Belgien und Polen, Alexander De Croo und Mateusz Morawiecki, sowie Litauens | |
Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte reisten nach Kyjiw, um ihre | |
Unterstützung zu zeigen. Belgien, Deutschland und Frankreich sagten weitere | |
Millionenhilfen zu. | |
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sagte, sein Land lasse sich | |
nicht „brechen“. Die Ukrainer hätten „Schreckliches durchgemacht“, erk… | |
Selenskyj am Samstag in einem in Online-Netzwerken veröffentlichten Video. | |
Er verwies auf die jüngsten Zerstörungen der ukrainischen | |
Energieinfrastruktur durch die russische Angriffe: „Einst wollten sie uns | |
durch Hunger zerstören, nun durch Dunkelheit und Kälte.“ | |
Der Begriff Holodomor (Tötung durch Hunger) erinnert an die Jahre 1932 und | |
1933, als der sowjetische Diktator Josef Stalin durch eine erzwungene | |
Kollektivierung der Landwirtschaft eine große Hungersnot ausgelöst hatte. | |
Allein in der Ukraine starben mehrere Millionen Menschen. (afp) | |
27 Nov 2022 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Getreide | |
Wolodymyr Selenskij | |
Ukraine-Konflikt | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Cherson nach der russischen Besatzung: „Hauptsache, keine Russen mehr“ | |
Die russische Armee ist nicht mehr, die Menschen atmen vorsichtig auf. So | |
wie Diana, die sich wieder traut, Ukrainisch auf der Straße zu sprechen. | |
+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: 130.000 Kyjiwer*innen ohne Strom | |
Nach russischen Angriffen sind in der Ukraine weiter viele Menschen ohne | |
Energie- und Wasserversorgung. Das Land erinnert an die Hungersnot | |
Holodomor vor 90 Jahren. | |
Stalins „Holodomor“ als Völkermord: Bundestag wird darüber abstimmen | |
Rund vier Millionen Menschen starben durch die von Stalin herbeigeführte | |
Hungersnot in der Ukraine. Nun könnte Deutschland den Holodomor als | |
Völkermord einstufen. |