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# taz.de -- Olympia – Diskuswerfen: Harting holt Gold
> Der Topfavorit Robert Harting hat einen schlechten Start und kommt
> einfach nicht an den Iraner Hadadi ran. Doch dann gelingt ihm einer. Und
> das reicht zu Gold.
Bild: Mal nicht Silber geholt: Robert Harting
Die Startbedingungen: Hoch favorisiert ist Robert Harting, seit fast drei
Dutzend Wettbewerben unbesiegt. Aber er will, nach WM- und EM-Titel endlich
olympisches Gold. Er hat ein malades Knie, er ist ohnehin nicht, trotz 130
Kilogramm Lebensgewicht bei einer Größe von gut zwei Metern, gesundheitlich
nicht von robuster Natur.
Seine Konkurrenten sind Virgilijus Alekna aus Litauen, Piotr Malachowski
aus Polen, Gerd Kanter aus Estland sowie Ehsan Hadadi aus Iran. Harting,
besonders [1][beliebt in Deutschland bei eher härteren Jungs,] eher
angewidert abgelehnt durch alle Milieus links der CDU, ist das
Rumpelstilzchen der Konkurrenz. Er würde nervös sein – und er würde darauf
achten, mit dem ersten Versuch die Rivalen zu schocken.
Die Entscheidung: Aber es ist nicht Harting, der alle anderen aus den
Puschen reißt, sondern der Asienrekordhalter, die iranische Diskusdiva
Ehsan Hadadi, Dritter immerhin bei der WM im vorigen Jahr in Daegu. Er
wirft zum Auftakt gleich 68,18 Meter. Und das nicht einmal in technischer
Akkuratesse, sondern eher grob und wuchtig.
Harting gelingen keine schlechten 67,79 Meter, aber er setzt sich nicht an
die Spitze. Im zweiten Versuch scheppert er die Scheibe ins Netz: Wird der
erwartete Held der Bundeswehr, das große Junge, der jeder Idee Hohn
spricht, deutsche Männer von hartem Kaliber könnten keine Gefühle zeigen,
zur tragischen Figur?
Das Drama: Harting scheint schwere Beine zu bekommen; alle Würfe bis zum
Vorletzten gelingen, aber sie übertreffen nicht den Wurf des Iraners. Und
alle anderen rücken zusammen – Aleknas 67,38 Meter werden später nicht zur
Medaille langen, auch Malachowski, der Weltmeister von Barcelona 2010, der
potentiell Harting schlagen kann, verendet mit 66,92 Meter auf dem fünften
Rang.
Doch es ist zunächst Kanter, der beinah mit 68,03 Meter an die höchste
Medaillenstufe heranreicht. Nur 24 Zentimeter trennen ihn schließlich, aber
Bronze muss für den Esten ein Geschenk sein. Er hat mit keinem seiner
Versuche ausgestrahlt, es ernsthaft zu allerhöchsten Ehren bringen zu
wollen.
Im fünften Versuch schließlich die Entscheidung: Harting lässt den Diskus
auf 68,27 Meter segeln – lumpige 9 Zentimeter weiter als Hadadi. Der sucht
den Konter und beschleunigt das Wurfgerät in eine solche Kurve, dass sie
eigentlich, als sie landet, erkenntlich zum Sieg ausreichen müsste. Aber,
die Zeitlupe des Fernsehens belegt es ohne verschwörungstheoretische Not,
dass Hadadi in wohl größter kämpferischer Not mit einem Fuß die
Ringbegrenzung übertrat. Im letzten Durchgang steigern sich die
Siegesaspiranten nicht, Harting nicht, ebenso wenig Hadadi.
Die Schlussfolgerung: Harting, das fällt auf, gibt den
Diskusmackergoldclown und läuft mit irgendwie gefühlt röhrender Freude zu
den Rängen, wo Trainer und Freunde sitzen und beginnt nach endlosen 45
Sekunden zu schreien. Man gewinnt den Eindruck: Ihm wäre lieber danach,
stumm vor Zufriedenheit zu bleiben. Aber er weiß, was sich gehört, die
Fotografen brauchen Futter, also reißt er sich das Trikot vom Leib und
röhrt wie ein Orang Utan. Schauspielerisch nicht übel!
Mit Deutschlandfahne rennt er dann noch über die Hürden, die für die Damen
schon mal aufgebaut sind. Später, im Interview, hört man, wie sehr ihm
nicht nach Lautem ist. Er scheint froh zu sein, bloß nichts anderes als der
Sieger geworden zu sein. 9 Zentimeter vor dem Zweiten, das ist nicht einmal
das Maß eines mittleren Schw…. Mit anderen Worten: Size does matter!
Und sonst? Hat Spaß gemacht. War dramatisch. Schön, dass Martin Wierig es
mit seinen 64,13 Metern zum Achten brachte. (Und schade, dass [2][Markus
Münch] schon in der Qualifikation gescheitert war.) Und dass es eine
Sportart auch älterer Herren ist.
Harting aber ist ein Goldiger nicht deswegen, weil er so gut wirft, sondern
weil er eigentlich als ein eher Schüchterner, Ängstlicher sich zeigte. Ein
Entblößter der Gefühle, der, damit niemand das merkt, lieber das Trikot
sich vom Leib reißt und seinen in der Tat beeindruckenden Körper tänzelnd
vorzeigt. Ein Narziss, wie ihn Arno Breker ekelhaft gefunden hätte. Das war
wirklich großes Kino!
7 Aug 2012
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## AUTOREN
Jan Feddersen
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