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# taz.de -- „Die schiitischen Eliten in Irak fühlen sich verwundbar“
> Iran ist militärisch und politisch stark geschwächt. Trotzdem könnte der
> Druck aus den USA auf Irak steigen, sagt die Aktivistin Rend al-Rahim
Bild: Wie frei sind Wahlen, wenn andere Staaten sie beeinflussen?
Von Julia Neumann, Bagdad
taz: Frau al-Rahim, in der Region ist in den vergangenen beiden Jahren viel
passiert: Genozid in Gaza, Krieg zwischen Iran und Israel, der Sturz von
Syriens Ex-Diktator Baschar al-Assad und eine deutliche [1][Schwächung der
Iran-unterstützten Hisbollah-Miliz im Libanon]. Wie prägt das die irakische
Politik?
Rend al-Rahim: Iran ist militärisch und politisch stark geschwächt. Die
Beziehungen zwischen den irakischen schiitischen Parteien und der Hisbollah
waren einst sehr eng, was Ausbildung, Austausch von Informationen, Geld-
und Waffentransfers betraf. Das ist praktisch zum Erliegen gekommen. Eine
große Rolle spielen auch die Veränderungen in Syrien. Die irakischen
schiitischen Parteien können nicht mehr auf Syrien zählen, das ihnen Zugang
zu Waffen und Geld verschafft hat. Die schiitischen Eliten in Irak fühlen
sich verwundbar. Iran schützt sie nicht mehr ausreichend.
taz: Wovor fürchten sich die schiitischen Parteien?
Rend al-Rahim: Vor den neu erstarkten sunnitischen und kurdischen Parteien.
Sie fürchten den Verlust der Vormachtstellung, die sie seit dem Sturz von
Ex-Diktator Saddam Hussein im Jahr 2003 innehatten. Sie sind zwar in der
Bevölkerung zahlenmäßig überlegen, aber das bedeutet nicht zwangsläufig
politische Vormachtstellung.
taz: Wie einflussreich sind schiitische Gruppen in Irak als Partner eines
geschwächten Iran?
Rend al-Rahim: Sie sind immer noch sehr mächtig. Doch die schiitischen
Parteien bilden ein breites Spektrum. Sie vertreten keine einheitliche
Ideologie, Strategie oder Politik. Die Mitglieder der
Volksmobilisierungskräfte (PMF) stehen am extremen Ende des Spektrums: Sie
unterstehen offiziell der irakischen Regierung, aber ihre Milizen hören auf
[2][Befehle aus Teheran]. Leider haben wir sehr viele dieser Milizen,
einige von ihnen sitzen sogar im Parlament, wie Asaib Ahl al-Haqq und
Kataib Hisbollah.
Dann gibt es eine Reihe politischer Gruppen mit militärischen Flügeln, mit
sehr guten Beziehungen zu Iran, die aber nicht unbedingt jede Anweisung aus
Teheran befolgen. Und einige schiitische Gruppen wünschen zwar gute
Beziehungen, wollen aber nicht, dass Iran den innen- oder außenpolitischen
Kurs diktiert. Aber selbst die betrachten Iran als großen Bruder.
taz: Wie sieht es mit dem Einfluss der USA aus?
Rend al-Rahim: Die Beziehungen unter US-Präsident Donald Trump sind nicht
die besten. Washington übt enormen Druck auf die Zentralregierung aus:
wieder Öl in die kurdischen Gebiete zu exportieren, die Milizen der PMF
aufzulösen und die Milizen einflussreicher schiitischer Geistlicher zu
entwaffnen. Und die US-Beziehungen mit den Kurden sind deutlich enger als
zuvor.
taz: Welchen Kurs fährt Irak nach den Wahlen?
Rend al-Rahim: Regierungschef Mohammed al-Sudani, der dem gemäßigten Flügel
der Schiiten zugeordnet wird, hat seine Position gestärkt. Sudani ist
pragmatisch. Er bemüht sich um gute Beziehungen zu Iran, ohne die
Beziehungen zu den USA zu gefährden. Sollte Sudani eine zweite Amtszeit
gewinnen, wird er versuchen, die Beziehungen zu Iran aufrechtzuerhalten und
gleichzeitig gute Beziehungen zu Amerika anzustreben.
Als Zeichen des guten Willens hat er große US-Ölkonzerne wie Exxon und
[3][Chevron] ermutigt, in den irakischen Markt einzusteigen. Wer auch immer
die neue irakische Regierung führen wird, steht vor schwierigen
Entscheidungen. Der Druck der USA, Israels und der Golfstaaten wird es Irak
nicht erlauben, in dieser ambivalenten Position zu verharren.
14 Nov 2025
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## AUTOREN
Julia Neumann
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