| # taz.de -- Wer mitbestimmen will, soll zahlen | |
| > Die Musikhochschule Hannover zerlegt sich in einem bizarren | |
| > Führungsstreit. Diverse Verwaltungsgerichtsverfahren inklusive. Dafür | |
| > droht renitenten Senatoren fette Rechnung | |
| Bild: Erbaut in Form eines Ohrs: Aber zugehört wird sich an der Hochschule fü… | |
| Von Nadine Conti | |
| Von außen betrachtet wirkt es wie ein Stück aus den Trumpschen USA. Die | |
| Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH) wird seit mehr | |
| als zwei Jahren von einem erbittert geführten Streit über die Neuwahl eines | |
| Unipräsidenten lahmgelegt. Mit allen Mitteln – von Geschäftsordnungstricks | |
| bis zu Verwaltungsgerichtsverfahren – bekämpfen sich hier zwei Lager. Und | |
| obwohl das eine Lager vor Gericht regelmäßig Recht bekam, zieht es nun im | |
| wirklichen Leben den Kürzeren. | |
| Das niedersächsische Wissenschaftsministerium und die Hochschulleitung | |
| haben sich letzten Endes durchgesetzt. Und die Senatsmitglieder, die anders | |
| abgestimmt haben, darunter auch ein Studierendenvertreter, fürchten, dass | |
| das dicke Ende noch auf sie zukommt – nämlich in Form einer ziemlich teuren | |
| Abrechnung der Anwalts- und Gerichtskosten. | |
| „Die Hochschulleitung hat uns signalisiert, dass wir für einige der | |
| Verwaltungsgerichtsverfahren die Kosten zu übernehmen haben, sofern kein | |
| formeller Senatsbeschluss vorliegt“, bestätigt Professor Stefan Weiss. | |
| Zuerst hatte die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet. | |
| Weiss, der hier für eine Gruppe von sieben Senatsmitgliedern spricht, | |
| findet das unfair. „Alle Verfahren dienten ja letztlich dem gleichen Zweck: | |
| Das zu Unrecht abgebrochene Auswahlverfahren wieder aufzunehmen und die | |
| Präsidentenwahl zu wiederholen. Und dafür gab es sehr wohl einen | |
| entsprechenden Senatsbeschluss.“ Allerdings waren unterwegs immer mal | |
| wieder Eilanträge vonnöten – zum Beispiel, weil die Hochschulleitung sich | |
| weigerte, die Wiederholungswahl auf die Tagesordnung zu setzen. Dazu kann | |
| man aber schwerlich erst einmal den Senat frist- und formgerecht | |
| zusammenrufen. | |
| [1][Doch von vorn: Am 5. Juli 2023 wurde vom Senat der Musikhochschule] ein | |
| neuer Präsident gewählt. Das ist dem niedersächsischen Hochschulgesetz | |
| zufolge die Aufgabe dieses Gremiums, in das Professoren, Vertreter des | |
| Mittelbaus, der Verwaltung und der Studierenden für jeweils zwei Jahre | |
| gewählt werden. | |
| Zur Wahl standen – nach dem üblichen Vorauswahlprozess durch eine | |
| Findungskommission – damals zwei Bewerber: Ein interner, der Violinist und | |
| Vizepräsident Oliver Wille und ein externer, der Musikpädagogik-Professor | |
| Philipp Ahner. Die Wahl fiel knapp mit sieben zu sechs Stimmen auf Ahner. | |
| Sie wurde vom Hochschulrat bestätigt und per Pressemitteilung | |
| bekanntgegeben. | |
| Doch dann brach ein Sturm los. Hochschulangehörige, die dem Wille-Lager | |
| zugerechnet werden, protestierten. Sogar von einer „gestohlenen Wahl“ war | |
| die Rede. Und die Hochschulleitung knickte schnell ein. Man suchte | |
| Formfehler und fand sie. Die Sitzungsleitung hätte durch die noch | |
| amtierende Hochschulpräsidentin oder einen ihrer Stellvertreter übernommen | |
| werden müssen, doch das war nicht geschehen. Das Präsidium der Hochschule | |
| brach das Auswahlverfahren ab. | |
| Dagegen klagten sowohl der eigentlich erfolgreiche Bewerber Ahner als auch | |
| der Senat, der mehrheitlich für ihn gestimmt hatte. Und sie bekamen Recht, | |
| sowohl das Verwaltungsgericht Hannover als auch das Oberverwaltungsgericht | |
| in Lüneburg befanden: Die Hochschulleitung hätte das Verfahren nicht | |
| abbrechen dürfen. Der Formfehler wäre durch eine Wiederholung des | |
| Wahlganges heilbar gewesen. | |
| Um diese Wiederholungswahl rang man dann monatelang. Doch schon die | |
| Versuche, sie auf die Tagesordnung zu hieven, wurden vom Präsidium | |
| torpediert und machten neue Eilverfahren nötig. Als die Wiederholungswahl | |
| im März 2025 endlich stattfand, wurde sie umgehend für ungültig und ihr | |
| Ergebnis für geheim erklärt. Offenbar hatte der Senat wieder einmal nicht | |
| so abgestimmt, wie man sich das wünschte. | |
| In der Zwischenzeit hatte auch das Ministerium das Bewerbungsverfahren für | |
| abgebrochen erklärt – auch darum wurde erneut vor Gericht gestritten, mit | |
| verschiedenen Klägern und durch zwei Instanzen. | |
| Mit dem Beinahe-Präsidenten Philipp Ahner einigte sich das Ministerium | |
| irgendwann außergerichtlich – auf eine Abfindungszahlung, über deren Höhe | |
| man lieber Stillschweigen bewahrt. [2][Die restlichen Verfahren] hatte | |
| irgendwann die Zeit erledigt. Denn im April hat endlich der neue Senat | |
| seine Amtszeit begonnen – und der stimmte so ab, wie vom Ministerium und | |
| seinem Staatskommissar gewünscht. Das Bewerbungsverfahren soll nun ganz neu | |
| aufgerollt werden. | |
| Und die Senatsmitglieder, die vorher auf ihre Wahlentscheidung gepocht | |
| haben, müssen jetzt die Rache mit den Mitteln des Haushaltsrechtes | |
| fürchten. Noch ist unklar, wie viel der Anwalts- und Gerichtskosten auf | |
| Verfahren entfallen, für die kein Senatsbeschluss vorliegt. | |
| Universitätsleitung und Ministerium erklären, dass diese Prüfung noch gar | |
| nicht abgeschlossen ist und man sich zu diesen internen Vorgängen auch | |
| nicht äußern wolle. Möglicherweise tut man das dann auch erst wieder vor | |
| Gericht. Nach friedlicheren Zeiten sieht es an der Musikhochschule | |
| jedenfalls nicht aus. | |
| 15 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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