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# taz.de -- Bremer Solidaritätspreis: Meseret Hadush, Kämpferin für Tigrays …
> „Hiwyet“ kümmert sich in Äthiopiens Kriegsregion Tigray um Opfer
> sexualisierter Kriegsverbrechen. Jetzt wird ihre Gründerin in Deutschland
> geehrt.
Bild: Meseret Hadush erhält am Montag abend den 19. Bremer Solidaritätspreis
Der Krieg in Äthiopiens Nordregion Tigray zwischen 2020 und 2022 war damals
der tödlichste der Welt. 600.000 Menschen starben, viele durch die
Hungerblockade, mit der Äthiopiens Regierung die rebellische Region
isolierte. Heute ist Tigray in Vergessenheit geraten, überschattet von der
Ukraine, Gaza und Sudan. Um dieses Vergessen zu durchbrechen, sollte am
Montagabend in Bremen die Frauenaktivistin Meseret Hadush aus Tigray
[1][mit dem Bremer Solidaritätspreis ausgezeichnet] werden.
Schon die Reise aus Äthiopien nach Deutschland zur Preisverleihung sei
riskant, berichtet einer ihrer Freunde. In Äthiopien werde inzwischen von
beiden ehemaligen Kriegsparteien versucht, „ihre Organisation zu
zerstören“. Denn Meseret Hadush hat die Frauenrechtsorganisation
[2][Hiwyet] gegründet, die sich um die Opfer sexualisierter
Kriegsverbrechen im Tigray-Krieg kümmert – die [3][schätzungsweise 120.000
Frauen], die in den zwei Jahren Krieg brutalste Vergewaltigungen erlitten.
Meseret Hadush hat den Krieg miterlebt, als Pianistin und Musikdozentin an
der Universität von Tigrays Hauptstadt Mekelle, wo die in der Stadt Adigrat
geborene Musikerin 2001 ihren Schulabschluss machte und dann blieb. Schon
als Musikstudentin und später als Musiklehrerin machte sie sich einen Namen
als Kämpferin für Mädchenrechte gegen menschenverachtende Traditionen, etwa
der Zwangsverheiratung an viel ältere Männer. Mit dem von ihr mit
begründeten Wettbewerb [4][„Tigray Idol“] suchte sie nach einer Alternative
zu kulturellen Normen, die die freie künstlerische Entfaltung von Mädchen
blockieren.
## Frieden auf Kosten der Opfer
Der Krieg ab November 2020 veränderte in Tigray alles. Mekelle wurde erst
von Äthiopiens Armee besetzt, dann von Tigrays Rebellen zurückerobert und
schließlich wieder von der Regierung kontrolliert, bis beide Seiten 2022
Frieden schlossen. Doch dieser Friedensschluss, so ein verbreiteter
Vorwurf, sei eine Verbrüderung der Kriegsverbrecher auf Kosten der Opfer.
Mitten im Krieg mobilisierte Meseret Hadush Mitstreiterinnen zur
Frauenselbsthilfe. Daraus entstand nach Kriegsende 2023 die „Hiwyet Tigray
Charity Association“. Hiwyet heißt „Heilung“ in der Tigrinya-Sprache, und
genau darum geht es: „eine Welt, in der jede Frau und jedes Mädchen in
Tigray ein Leben ohne Angst, Gewalt und Ungleichheit leben kann“, wie die
Organisation erklärt.
Wie Hadush [5][in einem Interview] erläutert, konnte Hiwyet in Mekelle
bisher rund 6.000 Überlebenden sexualisierter Kriegsverbrechen helfen, im
Alter von 5 bis 80 Jahren. Die Organisation dokumentiert Verbrechen und
stellt die medizinische Versorgung sicher. 200 Mütter erhielten Starthilfen
zum Wiedereinstieg in die Gesellschaft. Auch zu anderen Themen –
Frauengesundheit, Kinderheirat – leistet Hiwyet Aufklärungsarbeit.
„Die psychologische Wirkung ist erheblich“, sagt Hadush. „Die
Öffentlichkeit, ich eingeschlossen, lebt im Trauma, oft begleitet von
Leugnung und Ausweichen vor der Realität.“
Hadush wird immer wieder angefeindet. 2023 wurde sie in Addis Abeba
kurzzeitig [6][verhaftet], als sie dort einen Workshop organisieren
wollte. Auch Hiwyet bleibt von polizeilichen Übergriffen nicht verschont.
Erneute Spannungen in Tigray dieses Jahr haben die Spendenbereitschaft aus
der Diaspora verringert. In Deutschland, wo sexualisierte Gewalt als
Asylgrund für geflüchtete Frauen aus Tigray anerkannt worden ist, hofft
Meseret Hadush nun auf zusätzliches Gehör.
29 Sep 2025
## LINKS
[1] https://www.politische-bildung-bremen.de/veranstaltung/verleihung-des-19-br…
[2] https://hiwyetigray.org/
[3] https://www.lemonde.fr/afrique/article/2025/07/14/des-soldats-nous-ont-retr…
[4] https://www.youtube.com/watch?v=xbuAwK3sZyM
[5] https://www.thereporterethiopia.com/44691/
[6] https://www.instagram.com/p/C1URpGove9Q/
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Äthiopien
Tigray
Sexualisierte Gewalt
Kriegsverbrechen
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Krieg
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