# taz.de -- Kommentar von Stefan Reinecke zum Koalitionsausschuss: Dass Merz un… | |
Friedrich Merz steht extrem unter Druck. Der CDU-Chef hatte markig | |
angekündigt, als Anti-Merkel richtig konservativ zu regieren. Dann hat er | |
als Erstes das CDU-Heiligtum Schuldenbremse faktisch abgeschafft. Der | |
Fixstern am christdemokratischen Wertehimmel, die Westbindung, strahlt auch | |
nicht mehr. Um dieses Sinnloch zu füllen, kündigt Merz an, der Sozialstaat | |
sei nicht mehr finanzierbar. Beim Bürgergeld könne man mal eben 5 | |
Milliarden Euro sparen. | |
Die SPD-Chefin Bärbel Bas steht extrem unter Druck. Die SPD ist müde und | |
ideenlos. Wenn sie jetzt dem Druck der Konservativen nachgibt und den | |
Sozialstaat schreddert, droht ihr der Untergang. [1][Dass der Sozialstaat | |
nicht mehr bezahlbar sei, so Bas kürzlich, sei „Bullshit“.] | |
Merz und Bas haben jetzt zusammen Bier getrunken und duzen sich. Das ist | |
offenbar ein zentrales Ergebnis des Koalitionsausschusses, bei dem alle | |
nett zueinander waren. Wird jetzt alles gut? | |
Diese Dramaturgie von Streit, Versöhnung samt Ankündigung, ab jetzt werde | |
alles besser, erinnert unschön an die Ampel. Auf Parteitagen holzen, beim | |
Koalitionstreffen Süßholz raspeln – das ist keine raffinierte | |
Kommunikation, sondern rhetorischer Raubbau, der Glaubwürdigkeit zerstört. | |
Schwarz-Rot wird nur überleben, wenn die Merz-Union begreift, dass sie | |
nicht mehr in der Opposition ist und folgenlos Forderungen in die Welt | |
trompeten kann. Wenn die Union suggeriert, das 30-Milliarden-Euro-Loch im | |
Haushalt, das in ein paar Monaten gefüllt werden muss, ließe sich mit | |
Sozialkürzungen reparieren, wird diese Regierung scheitern. Damit schürt | |
die Union haltlose Illusionen und verlangt von der SPD Selbstmord auf | |
offener Bühne. Beim Bürgergeld kann man schon wegen der Urteile des | |
Bundesverfassungsgerichts nicht einfach streichen. | |
Regierungen scheitern nicht daran, dass sich Kanzler und MinisterInnen | |
siezen, sondern an zu wenig Geld. Die Ampel ist am Ende an 3 Milliarden | |
Euro zerbrochen. Angesichts des zehnmal so großen Lochs im Etat sollte | |
Schwarz-Rot besser ein paar Wahlversprechen überprüfen – wie Mütterrente, | |
Pendlerpauschale und Agrardiesel. | |
Dass Union und SPD sich vor den Kommunalwahlen in NRW Mitte September | |
einigen, war allerdings sowieso nicht zu erwarten. Und es gibt noch | |
Kompromisslinien und Spielräume. Die SPD hat Verschärfungen beim Bürgergeld | |
längst eingepreist. Das Wahlvolk versteht durchaus, dass die Krise ernst | |
ist. Auch Reformen und Einsparungen werden akzeptiert, wenn es nicht nur | |
auf Kosten Schwächerer geht. [2][Laut einer Umfrage sind zwei Drittel der | |
WählerInnen der Union für höhere Steuern für Reiche.] Versteht der Kanzler | |
die Botschaft? | |
5 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.deutschlandfunk.de/bundesarbeitsministerin-bas-verteidigt-bulls… | |
[2] https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-3488.html | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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