# taz.de -- Social-Media-Projekt zu Iran: Eine Nation am Rande ihres letzten Ka… | |
> Während des Zwölf-Tage-Krieges gab es kaum Zugang zu Informationen aus | |
> Iran.Über Mahtab Gholizadeh suchten wir nach ihnen. | |
Bild: Teheran: Eine Frau ohne Hijab – im Schatten von Ali Chamenei. | |
"Wer ist schuld am Krieg – Israel oder Khamenei", wird der Mann in dem | |
Video gefragt. Er sagt: "Der Hauptverantwortliche ist ganz klar Khamenei. | |
Er hätte mit seiner Macht seit vielen Jahren anders umgehen können. Er | |
hätte unserer Jugend fördern können. Stattdessen hat er in Militär und | |
Macht investiert. Machen wir uns nichts vor – ohne Khamenei wären wir nicht | |
in dieser Situation." | |
Zu Beginn des Zwölf-Tage-Krieges war Iran nahezu von der Außenwelt | |
abgeschnitten. In deutschen Medien kursierten nur vereinzelt Bilder | |
internationaler Agenturen. In dieser Phase entstand unser | |
Social-Media-Projekt – mit einem klaren Ziel: unabhängige Stimmen aus der | |
iranischen Zivilgesellschaft sichtbar zu machen, jenseits staatlich | |
kontrollierter Narrative. | |
Das erste Opfer des Kriegs ist die Wahrheit | |
Eine freie Presse gab es in Iran nie. Doch im Krieg wurde das, was vom | |
unabhängigen Journalismus noch übrig war, praktisch ausgelöscht. Der | |
Oberste Nationale Sicherheitsrat ordnete an, ausschließlich staatlich | |
genehmigte Inhalte zu veröffentlichen. Journalist:innen durften keine | |
unabhängigen Quellen zitieren oder abweichende Meinungen äußern. Über 150 | |
Medienschaffende verloren ihre Arbeit, viele wurden verhaftet oder | |
eingeschüchtert. | |
Auch im Exil lebende Journalist:innen waren nicht sicher. Sie wurden | |
Zielscheibe von Cyberangriffen, juristischen Drohungen und digitaler | |
Belästigung. | |
In dieser Atmosphäre ständiger Bedrohung mussten wir besonders | |
verantwortungsvoll mit Bild- und Tonmaterial umgehen. Um unsere | |
Kontaktpersonen vor Ort zu schützen, verzichteten wir darauf, Gesichter zu | |
zeigen oder Stimmen unverfälscht wiederzugeben. Die Aufnahmen mit der | |
Handykamera bleiben dennoch eindringlich – roh, fragmentarisch, | |
authentisch. | |
Repression statt Kurswechsel | |
Die Raketen sind zwar verstummt, doch für viele Iraner:innen ist der Krieg | |
noch lange nicht vorbei. Die Hoffnung, das Regime könnte angesichts der | |
militärischen Konfrontation seinen Kurs mäßigen, zerschlug sich schnell. | |
Stattdessen verschärfte die Führung ihre Unterdrückung. | |
Mit Stromausfällen und Wasser-Rationierungen – bei Temperaturen von knapp | |
40 Grad – verschlechtern sich die Lebensbedingungen dramatisch. "Wir haben | |
vergessen, dass es überhaupt einen Krieg gab", sagt eine Person dazu. | |
Trotzdem setzen viele Iraner:innen ihren zivilen Widerstand fort. Die | |
Bewegung gegen die Hijab-Pflicht – längst ein Symbol des politischen | |
Protests – wächst weiter, vor allem in den großen Städten. | |
Die Stimmen, die wir einfangen, berichten von wachsender Unzufriedenheit | |
und Erschöpfung. Sie zeichnen das Bild eines Landes, das am Ende seiner | |
Kräfte steht. | |
13 Aug 2025 | |
## AUTOREN | |
Mahtab Gholizadeh | |
Moritz Martin | |
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